Die Befreiung Deutschlands; Eindringen der Verbündeten in Frankreich. 419
(30. und 31. October) das baierfche Heer durchbrach uud schon am 2. No¬
vember über den Rhein ging.
Inzwischen war der König von Westphalen, Jerome, durch den russi¬
schen General Czernitschess verjagt und das Königreich Westphalen
ausgelöset worden. Ein Gleiches erfolgte mitdemGroßherzogth um Berg.
47. Der Krieg in Frankreich bis )im ersten pariser Frieden.
Deutschland war nun befreit: die erste Sorge der Verbündeten war die,
eine Regierung für die ueu eroberten Länder einzurichten. Zu diesem Zwecke
setzte man eine Verwaltungs-Commission in Dresden nieder, deren
Leitung von den verbündeten Herrschern dem Freiherrn von Stein über¬
tragen wurde. Das Königreich Sachsen wurde zuerst unter diese Verwaltung
gestellt, da der König zunächst als Kriegsgefangener nach Berlin gehen mußte.
Bald trennten sich die gestimmten Fürsten Deutschlands wieder vom Rhein¬
bünde und schlossen sich mit bedeutenden Heereömassen dem Bnnde gegen
Frankreich an. In Folge der gänzlichen Befreiung Deutschlands traten wich¬
tige Veränderungen in den Besitzverhältnissen ein: die zwischen der
Elbe, der Weser und dem Rheine gelegenen ehemaligen
preußischen Besitzungen kehrten natürlich ohne Weiteres
unter das preußische Scepter zurück, ebenso die Länder von
Hessen-Kassel, Hannover, Brannschweig und Oldenburg unter ihre vorigen
Dynastien.
Bald wurde durch Bülow's erfolgreiches Vordringen auch Holland
wieder den Franzosen entrissen und dem ans England zurückgekehrten Fürsten
von Oranien zurückgegeben, welcher alsbald dem Bunde gegen Frankreich
beitrat.
Napoleon war jetzt zwar bereit, ans Friedensunterhandlungen einzu¬
gehen , aber noch stellte er die hochmütigsten Bedingungen; denn er wollte
sich noch keineswegs für überwunden erkennen. Das französische Volk hatte
freilich keinen Glauben mehr an seine Siegeskraft, und besonnene Männer
riethen zur Nachgiebigkeit, aber der Kaiser wies in seiner Vermessenheit
solchen Rath zurück. Trotzig sprach er: „Ich stehe au der Spitze von Frank¬
reich, ich bin der Stellvertreter des Volkes. Frankreich braucht mich noth¬
wendiger, als ich Frankreich. Ich bin stolz, weil ich Muth habe; ich bin
stolz, weil ich große Dinge ausgeführt habe. Ihr wollt den Frieden: in drei
Monaten sollt ihr deu Frieden haben, oder ich werde nicht mehr sein." So
blieb er denn bei den ungemessensten Forderungen. Die Verbündeten da¬
gegen, welche zu Frankfurt am Main im December 1813 nochmals ge¬
meinsamen Rath pflogen, vereinigten sich endlich in der besonders von Stein
und Blücher lebhaft unterstützten Ansicht, daß die Ruhe Europa's erst dann
gesichert sein werbe, wenn man den unermüdlichen Friedensstörer Napoleon
gänzlich besiegt und von seinem Throne gestoßen habe. Die kräftige Fort¬
setzung des Krieges wurde daher beschlossen.
Der Krieg in Frankreich (1814). Während Bülow in Holland
weiter vordrang, setzte Blücher über den Mittelrhein, Schwarzenberg aber
zog durch die Schweiz nach Südfrankreich, unb gleichzeitig gingen von Spanien
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