420 Eindringen der Verbündeten in Frankreich.
her die Engländer über die Pyrenäen. In Italien sagte sich Napoleons
eigener Schwager Mn rat von ihm los.
Es war gerade in der Neujahrsnacht von 1813 zu 1814 mit dem
Schlage zwölf, als das preußische Hauptheer unter Blücher bei Mannheim,
Kaub und Koblenz über den Rhein ging. Der alte Feldmarschall hatte schon
vorher an seine Truppen folgende Ermahnung gerichtet: „Soldaten! den
Siegern an der Katzbach, bei Wartenburg, bei Möckern und bei Leipzig darf
ich nur den Tag des Ruhmes zeigen, und ich bin des Erfolges gewiß. Allein
ich hab' euch neue Pflichten aufzuerlegen. Die Bewohner des linken Rhein¬
ufers sind nicht feindlich gegen uns gesinnt, ich habe ihnen Schutz und Sicher¬
heit des Eigenthumes versprochen, ich that's in eurem Namen, ihr müßt es
halten. — Ehre bringt dem Soldaten die Tapferkeit, jedoch der Gehorsam
und die strenge Mannszucht sind seine schönste Zierde."
In der Champagne traf Blücher mit Schwarzenberg, der von Süden
her vorrückte, zusammen (1. Februar); da aber die beiden verbündeten Armeen
sich wegen der Schwierigkeit der Verpflegung wieder trennen mußten, so
gelang es Napoleons auch hier glänzend bewährtem Feldherrntalent, nachdem
Blücher zuerst bei Brienne und bei La Rothiere einige Vortheile über
die Franzosen davongetragen hatte, dem Blücher'schen, wie dem Schwarzen-
berg'schen Heere nach einander bei Montmirail, Chateau-Thiery und Mon-
tereau wieder Niederlagen beizubringen. Da wurden in Chatillon noch¬
mals Friedensunterhandlungen eröffnet, und es wäre dem Kaiser nicht schwer
geworden, den Thron von Frankreich zu behalten, wenn er auf die übrigen
bezwungenen Länder hätte verzichten wollen; aber auch hier trat er wieder
mit großem Uebermuthe auf und sprach die vermessenen Worte: „Was denken
meine Feinde von mir? Ich bin jetzt näher zu Wien, als sie zu Paris." Sol¬
chem Hocbmuthe gegenüber vereinigten sich Rußland, Preußen, Oesterreich
und England zu einem noch engeren Bündnisse zu Chaumout(l. März),
in welchem sie die Ruhe und Unabhängigkeit und die Erhaltung des Gleich¬
gewichtes Europa's verbürgten, und brachen darauf die Verhandlungen mit
Napoleon ab.
Unterdeß war es dem unermüdlichen Blücher gelungen, bei Craonne
und bei Laon (9. März) neue Siege zu erkämpfen, und in Folge der¬
selben wurde der Marsch auf Paris kräftig fortgesetzt und Napoleon's
Entthronung beschlossen. Bei Arcis an der Änbe von Neuem ge¬
schlagen, verfiel der Kaiser in eine ungewohnte Unentschlossenheit. Er ver¬
säumte es vor Allem, die bedrohte Hauptstadt zu schützen, und zog in nutzlosen
Märschen hin und her, vermuthlich in der Hoffnung, noch die Gelegenheit zu
einem unerwarteten Schlage gegen die Feinde zu ersehen. Es wurde ihm
gerathen, in seiner äußersten Noth einen Volksaufstand im Rücken der Feinde
zu erregen, aber mit dem Vertrauen zu sich selbst war auch das Vertrauen
zum Volke dahin, und er wies diesen kühnen Versuch zurück. Er zog es vor,
selbst in den Rücken der feindlichen Armee zu ziehen, um sie wo möglich von
Paris wieder abzulenken, aber die Verbündeten hatten gute Zuversicht und
gingen geradezu auf Paris los, indem sie gegen den Kaiser nur eine Heeres'
abtheilung von 10,000 Mann zurückließen. Ihr Vertrauen auf den endlichen
Sieg der guten Sache wurde noch erhöht, als die Kunde eintraf, daß die