Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

Schlacht bei Ligny; Blücher vor der Schlacht bei Belle-Alliance. 429 
ihren Thronen, die jetzt die Unabhängigkeit Frankreichs bedrohen. Die Un¬ 
sinnigen! Sind wir und sie nicht noch die nämlichen? Wenn sie in 
Frankreich einrücken, so sollen sie in Frankreich ihr Grab 
finden!" Sein Heer war so glänzend, so zahlreich und so kampfeslustig 
als je. Mit 130,000 Mann griff er die 80,000 Mann, die ihm Blücher 
entgegenzustellen hatte, bei Ligny an (16. Juni 1815). So tapfer und 
heldeumüthig die Preußen kämpften, so mußten sie doch das Feld räumen. 
Wenig fehlte, so wäre Blücher selbst gefangen oder getödtet worden. Sein 
Pferd wurde durch einen Schnß in den Leib, das seines neben ihm reitenden 
Adjutanten Grafen vonNostitz iu den Hals verwundet. „Nostitz, nun 
bm ich verloren!" rief der greise Feldherr, und in dem Augenblicke stürzte 
das Pferd zusammen und mit ihm Blücher. Halb unter dem Pferde lag er 
betäubt am Wege; sogleich sprang Nostitz vom Pferde, stellte sich neben den 
Feldherrn, ließ das wilde Getümmel erst der Preußen, dann der verfolgenden 
Franzosen vorüberjagen, und hielt sich ruhig und unbeweglich. Doch hatte er 
den Degen gezogen, um keinen Feind ungestraft Hand an den Feldherrn legen 
ZU lassen. Nock mehrmals sprengten feindliche Reiter vorüber; Preußen 
kamen hinterher. Schnell hielt nunmehr Nostitz die vordersten an, sie halsen 
Blücher unter dem Pferde hervorziehen, unb auf ein Ulanenpferd gefetzt, 
konnte er nur eben noch ben in verstärktem Anlaufe zurückkehrenden Franzosen 
entfliehen. 
An demselben Tage (16. Juni) hatte der Marschall Ney bei Quatre- 
b r a s einem Angriffe Wellington's tapfern Widerstand geleistet. 
Die Entscheidungsschlacht bei Belle-Alliance (18. Juni 1815). 
Am 17. Juni führten Wellington unb Blücher ihre Heere jeder etwas rück¬ 
wärts , um sich enger vereinigen zu können. Napoleon aber wähnte, daß die 
Preußen sich zum Rückzüge nach bcm Rheine anschickten, unb sandte ihnen den 
Marfchall Grouchy mit dem übermüthigen Befehle nach, „sie in den Rhein 
zu stürzen. In gleicher Verblendung urtheilte er auch von den Engländern, 
daß sie wohl nur noch darauf dächten, ihm zu entrinnen. Wie bald sollte er 
aus solchen Träumen des Hochmuths erweckt werden! 
Wellington hatte sich eine treffliche Stellung auf den Hügeln von 
M o n t - S t. - I e a n (vier Stunden von Brüssel) ausersehen, im" Rücken ge¬ 
best durch den ©eigner Walb. Wenn Blücher ihm nur zwei Heereshausen 
schufen könnte, ließ er ihm sagen, so wolle er getrost mit 80,000 Mann gegen 
Napoleon's 120,000 ben Kamps wagen. Es war .Nacht, als man Blücher 
bte Meldung brachte; man weckte ben greisen Feldherrn. „Nicht mit zwei 
Hausen, sondern mit dem ganzen Heere," sagte er, „will ich kommen, unb 
wenn dte Franzosen nicht angreifen, wollen wir sie angreifen." Dann legte 
er sich wieder hin unb schlief weiter. Als er am anbern Morgen gleich vom 
>,ager aufs Pferd wollte, hielt ihn ber Wundarzt zurück, um ihn noch einzu¬ 
reihen.^ „Ach was," rief er, „noch erst schmieren! Laß nur sein, ob ich heute 
balsamirt ober uubalsamirt in die andere Welt gehe, wird wohl auf Eins 
herauskommen." Wie er aber dichte Regengüsse vom Himmel fallen sah, da 
sprach er in zuversichtlicher Ahnung: „Siehe da, unsere Alliirteu von der 
Katzbach, da sparen wir dem Könige wieder viel Pulver." Das Heer war 
noch niedergeschlagen wegen Ligny und wegen des gefürchteten Rückzugs; als
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.