Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

480 Reise des Königs nach Nom; dessen fortwährendes Leiden. 
fördern. Das walte Gott." Hierauf leistete der Regent den Eid auf btti 
Verfassung. 
Somit war die Regentschaft des Prinzen von Preußen auf Grund der 
Aufforderung des Königs und in allen von der Verfassung vorgeschriebenen 
Formen eingesetzt. 
55. Friedrich Wilhelm's IV. Lebensende. 
Des Königs letzte Leidensjabre. König Friedrich Wilhelm IV. sollte 
von den schweren Leiden, mit welchen Gott ihn heimsuchte, nicht wieder ge¬ 
nesen : über drei Jahre währte die Prüfung des frommen Königspaares. 
Bald nach der Einsetzung der Regentschaft hatte der König wieder eine 
Reise nach südlicheren Gegenden angetreten. Das Ziel derselben war Rom. 
Er brachte den Winter von 1858 auf 1859 unter dem milden italienischen 
Himmel zu, bis die Vorboten des dort im Frühjahre 1859 ausbrechenden 
Krieges ihn nöthigten, über Triest nnd Wien der Heimath wieder zuzueilen. 
Seitdem sollte der König seinen alten Lieblingssitz Sanssouci nicht mehr 
verlassen: unter der hingebenden Pflege und in der steten innigen Gemein¬ 
schaft der Königin Elisabeth weilte er dort, bis ihn Gott nach zwei schweren 
Jahren abrief. 
Der Seelsorger, welcher dem Königspaare während jener letzten Prü¬ 
fungsjahre besonders nahe stand, hat von dem Seelenzustande des Königs in 
seiner Krankheit denkwürdige Mittheilungen gemacht, aus welchen klar her¬ 
vorleuchtet, wie in jenen Tagen des Duukels dennoch des Königs verborgenes 
Leben in Gott sich vor Allem deutlich und gewiß bezeugte. 
Als der König nach dem ersten schweren Anfalle seiner Krankheit, so 
berichtet jener Zeuge, aus langem bewußtlosen Zustande erwachte, wurde sein 
wiederkehrendes Bewußtsein an dem Ausrufe bemerkbar: „Gott, erbarme 
dich meiner!" An dieses Gebet knüpfte sich die erste Hoffnung seines weiteren 
Erwachens. Zunächst lag er jedoch meistens in tiefem Schlummer und nur 
in einzelnen Momenten trat ein Erwachen ein. 
In einem dieser Momente hatte die Königin, die unausgesetzt an seinem 
Lager weilte, den Muth, ihm den Anfang des 116. Psalms laut vorzulesen 
in den Worten: „Das ist mir lieb, daß der Herr meine Stimme und mein 
Flehen höret. Stricke des Todes hatten mich umfangen und Angst der Hölle 
hatte mich betroffen, ich kam in Jammer und Noth; aber ich rief an den 
Namen des Herrn: o Herr, errette meine Seele!" Der König richtete sich 
auf und hörte aufmerksam zu. Als sie dann fortfuhr: „Sei nun wieder zu¬ 
frieden, meine Seele, denn der Herr thut dir Gutes; denn du hast meine 
Seele aus dem Tode gerissen, meinen Fuß vom Gleiten, mein Auge von den 
Thränen!" — da sagte er: „Es ist genug, ich habe verstanden, ich danke 
dir." Von nun an las ihm die Königin täglich kurze Gebete aus den Psal¬ 
men vor, solche, die, wie sie wußte, der König auch früher vorzugsweise 
geliebt hatte. 
Seine körperlichen Kräfte nahmen täglich zu: nach seiner äußeren Er¬ 
scheinung war er wieder gesund; was ihm fehlte, das war der richtige Aus¬ 
druck seiner Gedanken. Er freute sich, seine alten Diener und Freunde wieder
	        
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