Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

498 Der Krieg in Italien; Friede zu Zürich; König Wilhelm's Thronbesteigung. 
henden Ausbruch des Krieges zu verhüten, aber feine Absichten wurden da¬ 
durch vereitelt, daß Oesterreich selbst unerwartet zum Angriff schritt. Als 
jedoch Frankreich mit großer Truppenmacht dem König von Sardinien zu 
Hülfe geeilt war und Oesterreich nach schweren Niederlagen bereits aus der 
Lombardei verdrängt und bedroht war, da traf der Prinz-Regent Anstalten, 
um bem weiteren Vorgehen Frankreichs Einhalt zu gebieten. Die preußische 
Armee wurde in kriegsbereiten Zustand gesetzt und ein größerer Theil der¬ 
selben am Rhein zusammengezogen. Der Regent verkündigte, daß er ent¬ 
schlossen sei, die Grundlagen des europäischen Rechtszustandes, das Gleich¬ 
gewicht Europa's zu wahren, und für die Sicherheit, den Schutz und das na¬ 
tionale Interesse Deutschlands im Verein mit den Truppen der übrigen deut¬ 
schen Bundesgenossen einzustehen. 
Diese drohende Stellung Deutschlands trng dazu bei, den Fortgang des 
italienischen Krieges zu hemmen; Napoleon III. schloß mit dem Kaiser von 
Oesterreich zu Villafranca Friedenspräliminarien, welchen bald darauf ein 
Friedensschluß zu Zürich folgte. 
Das Auftreten des Prinz-Regenten während der italienischen Wirren 
gab seiner Stellung unter den Fürsten Deutschlands und Europa's ein er¬ 
höhtes Gewicht. Dies zeigte sich in seinen mehrfachen Zusammenkünften 
mit den Regenten der großen Staaten im Jahre 1860. Kaiser Napoleon III 
kam im Juni nach Baden-Baden zu einer Zusammenkunft mit dem Prinz- 
Regenten , welcher ihn inmitten einer großen Zahl der deutschen Fürsten 
empfing. Bald darauf trat der Regent in Töplitz mit dem Kaiser von 
Oesterreich und (imOctober) in Warschau mit diesem und zugleich mit 
dem Kaiser von Rußland zu wichtigen Besprechungen zusammen. 
58. Lönig Wilhelm's Thronbesteigung und erste NegiernngsM. 
Die Thronbesteigung (2. Januar 1861). Als König Friedrich 
Wilhelm IV. am 2. Januar 1861 gestorben war, verkündete der bisherige 
Prinz-Regent den Antritt seines eigenen Regimentes als König Wilhelm 
in der Proclamation „An Mein Volk." Seine Absichten in der Regierung 
des Landes bezeichnete er dabei mit folgenden Worten: 
„Das hohe Vermächtniß meiner Ahnen, welches sie in unablässiger 
Sorge, mit ihrer besten Kraft, mit Einsetzung ihres Lebens gegründet 
und gemehrt haben, will Ich getreulich wahren. Mit Stolz sehe Ich 
Mich von einem so treuen und tapferen Volke, von einem so ruhmreichen 
Heere umgeben. Meine Hand soll das Wohl und das Recht 
Aller in allen Schichten der Bevölkerung hüten, sie soll 
schützend und fördernd über diesem reichen Leben wallten. 
Es ist Preußens Bestimmung nicht, dem Genusse der erworbenen Güter 
zu leben. In der Anspannung seiner geistigen und sittlichen Kräfte, in 
dem Ernste und der Aufrichtigkeit seiner religiösen Gesinnung, in der 
Vereinigung von Gehorsam und Freiheit, in der Stärkung seiner Wehr¬ 
kraft liegen die Bedingungen seiner Macht; nur so vermag es seinen 
Rang unter den Staaten Europa's zu behaupten. 
Ich halte fest an den Traditionen Meines Hauses, wenn Ich den
	        
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