582 Indemnität.
Bei der Verhandlung über die von der Regierung erbetene Indem-
nität sagte Graf Bismarck: „Wir wünschen den Frieden, nicht weil wir
kampfunfähig sind; im Gegentheil, die Fluth ging mehr zu unseren Gunsten,
als vor Jahren. Wir wünschen den Frieden, weil das Vaterland ihn bedarf,—
weil wir hoffen, ihn jetzt zu finden. Wir suchen den Frieden ehrlich, um die
Aufgaben, die uns zu lösen bleiben, mit Ihnen in Gemeinschaft zu lösen.
Nur gemeinsam werden wir sie lösen können, indem wir auf beiden Seilen
erkennen, daß wir dem Daterlande mit demselben guten Willen dienen." Auch
von früheren Gegnern der Regierung wurde jetzt anerkannt, daß das von
derselben in den letzten Jahren beobachtete Verfahren zum Heile des Landes
gereicht habe, und mit großer Mehrheit wurde deshalb die erbetene Indem¬
nität ertheilt. Damit war der langjährige Verfassungstreit be¬
seitigt und die Hoffnung des Königs auf Wiederherstellung
bes inneren Friedens erfüllt Die Landesvertretung bewilligte nun¬
mehr auch die von der Regierung ausdrücklich als Zeichen des Vertrauens zu
ihrer Politik erbetenen Mittel für die außerordentlichen Bedürfnisse des Heeres
und der Flotte. Graf Bismarck sagte dabei: „Mit dieser Vorlage richtet die
Regierung die Frage an Sie, ob Sie Vertrauen zu der bisherigen Führung der
auswärtigen Politik haben, ob Sie Zeugniß ablegen wollen für den festen Ent-
schluß des preußischen Volkes, die Errungenschaften des letzten Krieges festzuhal¬
ten und zu vertheidigen. — In diesem Sinne bitte ich Sie, bethätigen Sie durch
Ihre Bewilligung, daß die Versöhnung der Geister, daß die Absicht, gemeinschaft¬
lich das Wohl des Landes, des engeren unb des weiteren Vaterlandes zu för¬
dern, eine aufrichtige und tiefgreifende ist." — Einer der angesehensten Führer
der vormaligen Opposition erwiederte hieraus: „Wir bewilligen die von der
Regierung geforderten Mittel als einen Beweis des Vertrauens, welches wir
in die Führung der auswärtigen Politik der Regierung fetzen, als Beweis
der Anerkennung dessen, was bisher geleistet ist, unb als die Zusicherung
unserer Unterstützung in Verfolgung dieses Weges auch für bie Zukunft."
Sr fügte hinzu, baß man sich früher über bie Ziele ber Regierung geirrt habe.
„Jetzt liegen uns biese Ziele klar vor, so baß wir die Regierung mit allen
uns zu Gebote stehenden Mitteln kräftigen wollen, damit sie die Einheit
Deutschlands unb die Machtstellung Preußens inDeutschlanb befestigen kann."
Die wiederhergestellte Einigung zwischen der Regierung und der Landes¬
vertretung machte sich in segensreichem Zusammenwirken auf allen Gebieten
des Ttaatslebens geltend, unb erhchete zugleich die Hoffnungen, mit welchen
der König unb das Volk an die weitere wichtige Ausgabe Preußens, an die
Begründung der nationalen Einheit Deutschlands herangingen.
61. Die Gründung des Norddeutschen Lundes und die innere
Entwickelung bis 1870.
Der Norddeutsche Bund. In demselben Augenblicke, wo der alte
deutsche Bund zusammenbrach, hatte bie preußische Regierung erklärt: Der
König von Preußen wolle mit bent Erlöschen bes bisherigen Buubes nicht
zugleich bie nationalen Grunblagen, auf benen berfetbe auferbaut gewesen,
als zerstört betrachten; Preußen halte an biesen Grunblagen unb an ber Ein¬
heit der beutschen Nation fest unb sehe es als eine unabweisliche Pflicht der