Full text: Geschichte des preußischen Vaterlandes

Pest in Brandenburg; Bestrafung der Raubritter. 77 
Gestalt, trug er in seinen jugendlich schönen Zügen zugleich einen gewissen 
Ernst; sein Geist, für dessen Bildung frühzeitig geborgt worden war, hatte 
sich der Liebe der Wissenschaften in ernster Weise zugewandt, und er blieb 
jederzeit mit bedeutenden Gelehrten in Verbindung. Besonders war er dem 
Studium des Alterthums und der Geschichte ergeben und hatte sich eine große 
Gewandtheit im Gebrauch der lateinischen, wie der französischen und italie¬ 
nischen Sprache angeeignet. Diese ausgezeichnete Bildung verlieh seinem 
Wort in den Fürstenversammlungen ein großes Gewicht; meistens war er der 
vorzüglichste Sprecher unter den Fürsten, und wegen der Geltung seines ver¬ 
ständigen Rathes wurde ihm der Name jenes von Homer gepriesenen Weisen 
unter den griechischen Heerführern, der Name Nestor, beigelegt. Eine be¬ 
sondere, in jenen Jahrhunderten aber nicht seltene Vorliebe hatte der Kurfürst 
für die Sterndenterei; das Volk glaubte, daß er an dieser Wissenschaft eine 
Quelle übernatürlichen Wissens habe und die Rathschläge Anderer zu erfor¬ 
schen im Stande sei. Seine Menschenkenntniß und durchdringende Einsicht 
mag diesen Glauben befördert haben. Was Joachim als richtig erkannt hatte, 
das suchte er mit unbeugsamem Willen durchzusetzen, und jeder Widerstand 
reizte seinen leicht entbrennenden Zorn: er war von strenger Gemüthsart, aber 
doch von jeder Willkür fern und im Allgemeinen von redlichem Wohlwollen 
für seine Unterthanen beseelt. 
Die Pest in Brandenburg; Vernichtung des Raubwesens. Der 
Anfang seiner Regierung wurde in einem Theil der Marken durch großes 
Unheil bezeichnet: eine fürchterliche Pest verbreitete unter dem Volke Schrecken 
und Verzweiflung. Im nächsten Jahre folgte eine verderbliche Dürre, welche 
die Saaten erstickte und eine gewaltige Hungersnoth herbeiführte. Unter den 
Uebeln, welche im Gefolge dieser Landplagen eintraten, griff auch der Raub¬ 
frevel von Neuem um sich, und mehrere der adeligen Familien wurden in 
dieser unheilvollen Zeit so sehr zum Schrecken des Volks, daß die armen 
Landleute sogar in ihren Gebeten Gott um Schutz gegen dieselben anflehten. 
Daher stammen die in den Marken überall bekannten Verse: 
„Vor Köckeritze und Lüderitze, 
vor Krachten und vor Jtzenplitze 
behüt uns lieber Herre Gott." 
Die Frechheit der „Landbeschädiger" stieg um so höher, da sie vermein¬ 
ten, unter dem noch jungen Kurfürsten ungeahndet ihr Wesen treiben zu kön¬ 
nen: selbst einzelne Ritter feines Hofstaates entblödeten sich nicht, an den 
nächtlichen Raubzügen jener gefürchteten Gesellen Theil zu nehmen. Aber 
sie hatten sich in Joachim getäuscht und sollten bald seinen ernsten Willen 
erfahren, dem Raubwesen ein für alle Mal ein Ziel zu setzen. Ohne Gnade 
und ohne Ansehen der Person verurtheilte er alle Raubfrevler zum Tode und 
ließ das Urtheil unerbittlich vollziehen; selbst einer seiner Hofleute starb durch 
Henkershand. Hierüber erbittert, wollten die Ranbrit^r sich an ihm selber 
rächan. schlossen hierzu einen heimlichen Bund, und einer der Verschworenen 
wagte es sogar, dem Fürsten an sein Schlafgemach folgende Drohworte zu 
schreiben: „Joachimke, Joachimke, hüte dy! fange wy dy, so hange 
toi) dy." Joachim aber war nicht der Mann, sich durch Drohungen einschüch¬ 
tern zu lassen; er fuhr fort, mit aller Strenge gegen die Uebelthäter zu ver*
	        
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