Full text: Reallexikon des classischen Alterthums für Gymnasien

Theseus. 
1157 
Als Jüngling ging er nach Delphoi und weihte 
dem Apollon feilt Haupthaar. Von da zurück¬ 
gekehrt, wurde er von feiner Mutter zu dem 
Felsblock geführt, unter welchen einst Aigeus, als 
er von Troizett nach Athen zurückkehren wollte, 
Schwert und Schuhe gelegt hatte, mit dem Auftrag, 
wenn Th. so alt fei, daß er bett Felsblock auf¬ 
heben und Schwert uitb Schuhe hervornehmen 
könne, ihn nach Athen zu schicken. Th. nahm 
stürzten Vater wieber in bie Herrschaft einsetzte. 
Darauf stellte Aigeus seinen Sohn dem Volke 
vor. Die Söhne des Pallas aber, des Bruders 
von Aigeus, welche nach des Aigens Tode die 
Herrschaft zu erben gehofft hatten, empörten sich, 
wnrden jedoch von Th. durch den Verrath des 
Heroldes Leos besiegt und erschlagen. Daraus 
fing Th. den marathonischen Stier lebendig und 
opferte ihn dem Apollon Delphinios. Als um 
Schuhe und Schwert und machte sich mit den¬ 
selben als Erkennungszeichen für feilten Vater 
auf bett Weg nach Athen. Unterwegs hatte er 
allerlei Abenteuer zu bestehen. Bei Epibattros 
erschlug er den Periphetes, S. des Hephaistos, 
Koryiietes (Kenlenträger) genannt, weil er mit 
einer Keule die Reifenden tobtete, und führte 
dann feilte Keule. Auf dem Jsthmos überwältigte 
er den Räuber Sinis (Sinnis), Sohn des Poly- 
pemon oder des Poseidon, der Pityokamptes 
(Fichtenbenger) hieß, weil xx die Reisenden durch 
herabgebogene und in die Höhe schnellende Bänme 
zerriß. Th. tobtete ihn aus bieselbe Weise; mit 
feiner Tochter Perignne zeugte er bett Melanippos 
(Ov. met. 7, 400ff.). Ferner erlegte er die krom- 
myonifche San, P ha ist (die Grctue), nnd an der 
Grenze von Megaris und Attika, aus dem fkiro- 
nifcheu Felsen, den Skiron, der die Vorüber¬ 
gehenden beraubte und zwang, ihm die Füße zu 
ivafcheit, worauf er sie mit den Füßen ins Meer 
2 stieß; eilte Schildkröte fraß die Leichen. In 
Elenfis überwand er den arkadischen Ringer $ er¬ 
st) ou, Sohn des Poseidon, Halbbruder des Tri- 
ptolemos, am Kephiffos den Damastes oder 
Polypemon, Prokrustes (Ausrecket) genannt, 
weil er die Fremden in feiner Bettstelle so lange 
ausreckte, bis sie starben. Am Kephissos ließ er 
sich durch die Phytaliden (s. Phytalos) von dem 
vergossenen Blute reinige» und begab sich dann 
zu seinem Vater, bei welchem sich gerade die von 
Korinth geflüchtete Medeia befand (f. Argo¬ 
nauten, 6.). Diese, den Th. erkennend, über¬ 
redete den Aigeus, ihn bei dem Mahle durch einen 
Giftbecher zu tödteu; als aber Th. das Schwert, 
das Kennzeichen feiner Abkunft, zog, um das 
Fleisch zu zerlegen, erkannte ihn der Vater, und 
Medeia entfloh mit ihrem und des Aigeus Sohne 
Medos nach Kolchis, wo sie ihren vom Thron ge- 
diese Zeit der wegen der Ermordung des Anbro- 
geos (f. b.) bett Athenern von Minos auferlegte 
Tribut von 7 Jünglingen nnd 7 Jungfrauen, der 
alle 9 Jahre znm Fraße für beit Minotauro» ge¬ 
liefert werben mußte, zum dritten Male ein¬ 
gefordert wurde, erbot sich Th. freiwillig, mit 
nach Kreta zu gehen, und versprach feinem Vater, 
bett Minotauros zn tobten. Er besiegte ben Mino- 3 
tauros int Labyrinthe uitb rettete sich ans den 
Jrrgäitgeit desselben bttrch einen Faben, ben ihm 
Ariadne, bie Tochter bes Minos uub der Pafiphaö, 
gegeben. Dadurch hatte er einer Verabredung mit 
Miltos zufolge Athen von dem Tribute befreit. 
Er floh darauf mit Ariadne gen Athen; auf 
Naxos (Dia) aber blieb sie zurück, indem entweder 
Dionysos sie ihm mit Gewalt abnahm rntb zn 
feiner Gemahlin machte, ober Th. sie treulos, 
währenb sie schlummerte (f. d. Abb.), verließ, worauf 
sie dann, von Dionysos oufgefitnbeit, dessen unsterb¬ 
liche Gemahlin ward. Oder sie gab sich auf Naxos 
selbst den Tod. In der verderbten Stelle des 
Homer (Od. 11, 321 ss.) sind zwei Textesreeeitsionen 
zusammengeschmolzen; nach der einen wird Ariadne 
durch Artemis ans Naxos gelobtet, nach ber an- 
bern bafelbft durch Artemis mit Hülfe des Dio¬ 
nysos zurückgehalten, damit sie dessen Gemahlin 
werde. Bei der Rückkehr des Th. nach Athen 
gibt sich Aigens durch ein Versehen desselben den 
Tod (s. Aigeus). Darauf wird Th. König von 
Attika, als welcher er die einzelnen Gemeinden 
des Landes überredet, Athen als Hauptstadt und 
Mittelpunkt eines gemeinsamen attischen Staats 
anzuerkennen. Zum Gedächtniß dieser Vereinigung 
des ganzen attischen Landes stiftete er bas Fest 
der Panathenaien und das der Synoikia, von 
Plntarch Metoikia genannt.^ Thue. 2, 15. Auch 4 
stiftete er die ifihtnifchen Spiele und vereinigte 
I Megaris mit Attika. Mit Herakles zog Th.
	        
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