Full text: Reallexikon des classischen Alterthums für Gymnasien

468 Hadranum — 
sd)Iießenbe, nolvdsyficov und tzoIvSshttis, der 
Vielausttehmeiibe, naynoitris, der Allbettende. 
Bei Homer (7/. 5, 654.) heißt er auch kIvtotico- 
loe, der Rosseberühmte, der Gott mit dem herr¬ 
lichen Rossegespann, und man hat dies Beiwort 
auf den Raub der Persephone, welche er auf 
einem Wageu zur Unterwelt holte, bezogen; allein 
es ist sehr die Frage, ob Homer die Sage von 
dem Raube der Persephone kennt, wenigstens er¬ 
wähnt er sie nirgend. Wahrscheinlich liegt dem 
Worte die alte Borstellung zu Grunde, daß Hades 
die Seeleu vou der Oberwelt auf seinem Wagen 
hinabholt. Spater hat dieses Amt der Seelen- 
snhrmig Hermes ('ipvxonofnrög), wiewol noch Pin¬ 
bar (oh 9, 35.) von dem Stabe des Hades spricht, 
mit bem er die Schatten in sein Reich treibt. 
Die Schaaren der Todten, welche in des Hades 
Gewalt sind, scheinen durch die Riuderheerden, 
die ihm von Menoitios in der Unterwelt und ans 
Erytheia geweidet werden, symbolisch bezeichnet 
zu werden. Den im gewöhnlichen Leben und in 
den Mysterien üblichen milderen Namen Plnton, 
poetisch Plntens, erhielt Hades, weil er der 
in der Erdtiefe herrschende Gott ist, aus welcher 
dem Meuscheu aller Reichthum der Gewächse sowol 
wie der Metalle kommt. Der in der Tiefe ver¬ 
borgene und verborgen wirkende Gott (Atdrjg, der 
Unsichtbare) war im Besitz eines gleich der Tarn¬ 
kappe deutscher Sagen unsichtbar machenden Hel¬ 
mes; als diesen Athene in der Schlacht vor Troja 
aussetzte, konnte selbst Ares, der Gott sie nicht 
sehen. Hom. II. 5, 845. Außer dem Raube der 
Persephone (s. d ) gab es von Hades wenig My¬ 
then. Als Herakles den Nelens angriff (s. He¬ 
rakles, 11.), kam Hades den Pyliern zu Hülfe, 
ward aber vou Herakles verwundet. Hom. 11. 
5, 395. Apollod. 2, 7, 3. Find. a. sl. O. Heilig 
war dem Hades die Kypresse uud der Narkissos; 
man opferte ihm schwarze Schafe, indem man 
dabei das Antlitz abwandte; wenn man ihn an¬ 
rief, so schlug man mit den Händen die Erde. 
Hom. Od. 10, 527. H. 9, 568. Es gibt wenig 
Statuen und Büsten von Hades; er wurde seinen 
Brüdern Zeus und Poseidon ähnlich dargestellt, 
aber mit düsteren Zügen und mit in die Stirne 
hangenden Haaren, gewöhnlich in weitem Ge¬ 
wände; er trägt den Schlüssel ber Unterwelt in 
der Hand uni) hat zur Seite den Kerberos. Ueber 
den Hades als Ort, als Unterwelt s. Unter¬ 
welt. — Die römische Vorstellung des Pluto 
oder Dis (= Jives, der Reiche) sowie der Pro- 
serpina als der Herrscher der Unterwelt scheint 
eilte ziemlich späte Uebertragung des griech. Plutou 
uud der Persephone zu fein. Beide werden we¬ 
nigstens nicht in den alten Formeln der Todes¬ 
weihe, wie des Decins Mns (Uv. 8, 9.), worin 
die Mächte der Unterwelt angerufen werden, ge¬ 
nannt. 
Hstdräuum f. Ad ran um. 
Hadria f. Adria. 
Uadrianopolv, AdQLccvovnolLg, j. Edreneh 
ober Abrianopel, Stabt in Thrakien, in einer 
weiten Ebene ant Flusse Hebros, ba wo sich ber 
Toufos (j. Tuubscha) in denselben ergießt, ist 
unter ben vielen von Kaiser Habrianns benannten 
Städten die bedeutendste; ihre Blüte fällt indeß 
erst in die Zeit des Mittelalters. Die Stadt 
war fest und wurde von den Gothen vergebens 
Hadrianus. 
belagert; ausgezeichnet Waren die hiesigen Waffen¬ 
fabriken. JEutr. 6, 8. Amm. Marc. 14, 11. — 
Eine andere Stadt des Namens lag in Kyrena'ika, 
ein dritte in Phrygieti. 
Hadrianus, P. Aelius, geb. den 24. Januar 
76 ii. C. zu Rom, aus edlem Geschlechte, welches 
aus Jtaliea itt Spanien stammte, war ein An 
verwandter des Kaisers Trajan und wurde liad) 
dem Tode feines Vaters unter bessert Aufsicht er¬ 
zogen. In feiner Jugend beschäftigte er sich eifrig 
mit deu Wissenschaften unb trat frühzeitig in 
Staatsbienftc. Er kam in feinem 15. Jahre nach 
Spanien, wo er auch Kriegsbienste that; boch be¬ 
rief ihn Trajan balb toieber zu sich nach Rom. 
Nachbem er mehrere Aemter betleibet hatte, fanbte 
ihn Domitian gegen bas Enbe feiner Regierung 
nach Mosten, von hier aus brachte er betn Tra- 
jan nach feiner Adoption durch Nerva die Glück- 
roünfche des Heeres nach Rom. Hierauf kam er 
nach Obergermanien unb überbrachte von hier, 
unb zwar zu Fuß reifend, dem Trajan im Jahre 
98 die Nad)richt von Nerva s Tode. Jetzt ver¬ 
mählte er sich mit einer Verwandten des neuen 
- Kaisers, der Sabina, und machte sich demselben 
bald unentbehrlich. Er begleitete ihn in den Krieg 
gegen Decebalus (101-106), erhielt darauf die 
Statthalterschaft von Pannonien unb zeichnete sich 
so aus, besonders gegen die Sarmaten (108), daß 
Trajan sich entschloß, ihn zu aöoptireu und zu 
seinem Nadffolger zu ernennen. Doch Trajan 
starb (117), ohne ein Testament zu hinterlassen; 
indeß wußte die Gemahlin desselben, Plotina, 
welche den Hadrian schätzte, mit Hülfe einiger 
hochstehender Gönner desselben ein Testament zu 
seinen Gunsten unterzuschieben, worin Trajan den 
Hadrian adoptirte und zu feinem Nachfolger er¬ 
nannte. Hadrian erhielt dies Testament zu An¬ 
tiochien, begab sich fofort nach Rom und über¬ 
nahm im I. 117 die Regierung. Gleich nad) 
feiner Thronbesteigung gab er die parthifchen Er¬ 
oberungen seines Vorgängers auf, welche das 
Reich nur in neue Kämpfe verwickeln konnten. 
Dio Cass. 69, 1 ff. JEutr. 8, 6. Spart. Hadr. 
1 ff. 13. 21. Im I. 120 unternahm er einen 
Feldzug gegen die Sarmaten, entzog einigen 
Statthaltern ihr Amt und bestrafte eine Ver¬ 
schwörung gegen sein Leben. Dio Cass. 69, 8. 
Durch Herstellung eines Jupitertempels an der 
Stätte des alten salomonischen Tempels erbitterte 
er die Juden und trieb sie zu einem Aufstande, 
welcher von ihm unterdrückt ward und 580,000Juden 
das Leben kostete. Dio Cass. 69, 12ff. Seine sonst 
meist friedliche Regierung brachte er mit langjähri¬ 
gen Reifen, zum Theil zu Fuß, durch die römischen 
Provinzen zu, welche er von Britannien an bis 
Aegypten hin durchzog, überall sich von ihrem Zu¬ 
stande überzeugte, Geld und Getreide an die Artneu 
spendete und viele Spuren großer Wohlthätigkeit 
hinterließ. Spart. Hadr. 12 ff. Er nahm sich 
der Verwaltung eifrig an unb übte strenge Ge¬ 
rechtigkeit; boch zeigte er auch manche Schwächen 
gegen seine Umgebung unb sonst, ber Ruf feiner 
Milbe würbe aber burch zahlreiche, willkürlich 
verhängte Tobesstrafen geschwächt. Dem Senat 
bewies er große Achtung unb berieth Alles mit 
ihm; gegen bas Volk war er freigebig. Er grün¬ 
bete itt Italien zahlreiche Schulen unb gab ben 
Lehrern eine bestimmte Einnahme. Rom ver-
	        
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