Full text: Reallexikon des classischen Alterthums für Gymnasien

Oaros —'OßehiGxog. 
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eine freundliche Gottheit gebiert sie aber auch den 
Hypnos und das Heer der Träume. Auch tue 
nach Westen hin am Rande der Erde wohnenden 
Hesperiden heißen ihre Töchter. Im Westen sind 
die Pforten, wo sie, in Dnnkel gehüllt, den Schlas 
nnd den Tod in den Armen, aus der Unterwelt, 
ihrem eigentlichen Sitze, der Hemera begegnend, 
emporsteigt. Hesiod. theog. 748 ss. Bei den Or¬ 
phikern ist sie der Urgrund, aus dem Alles her¬ 
vorgeht. Die Tragiker uud die Späteren fassen 
sie als Personification der Nachtzeit aus, bald 
geflügelt, bald mit einem von (2 oder 4) schwar¬ 
zen Pferden gezogenen Wagen, in schwarzem, mit 
Sternen besäetem Gewände. Eur. Ion 1150. 
Orest. 176. Theocr. 2, a. E. Verg. A. 5, 721. 
8, 369. Im Bereich des Tempels der ephesischen 
Artemis befand sich ein Standbild der Nyx, ein 
Werk des Rhoikos. Auf dem Kasten des Kypselos 
war sie dargestellt, den Schlaf und den Tod in 
den Armen haltend. 
O. 
Oäros, ’Octgos, ein nach Herodots (4, 123 ) 
Versicherung bei den Thyssageteu entspringender, 
östlich vom Tanais fließender und in die Maio¬ 
tis mündender Fluß. Wahrscheinlich ist bannt 
ein östlicher Nebenfluß des Tana'is gememt, etwa 
ber Opharus bes Pliuius (6, 7, 7.). 
Oases, Öaffftg, Jvaasie, heißen bie gleich 
Inseln aus dem Sandmeere der libyschen Wüste 
austauchenden fruchtbaren, mit Quellwasser ver¬ 
sehenen Landstriche, besonders die beiden westlich 
von Aegypten liegenden, welche vorzugsweise die 
kleine und die große Oase genannt wurden. 
Ihrer Lage nach gehörte eigentlich nur bie nörd¬ 
lichere kleine Oase zu Mittelägypteu (j. Wah el 
Bahire ober Bahnasa el Kassar), westlich von ber 
Stabt Oxyryuchos 1 Tagereise entfernt; die 24 
Meilen südlicher gelegene große Oase (j. Wah 
el Kebir), die schon Herodot (3, 26.) als noXig 
"Oaois oder vrjaog Manügcov kennt, gehörte zu 
Oberägypten. Beide waren bewohnt und bildeten 
eigene Nomen Aegyptens. Strabon erwähnt noch 
eine dritte, die Oase des Ammon (f. Ammo¬ 
nium). Uebrigens kommen die andern den Alten 
auch bekannten Oasen der libyschen Wüste (z. B. 
Angila, Phazania) nicht uuter diesem Namen vor. 
Unter den römischen Kaisern dienten die Oasen 
als Verbannungsort. Strab. 2, 130. 17, 790 f. 
813. 
’iißai s. <X>vl7], 9. 
’Oßekiöxoq, obeliscus, eine hohe, vierseitige, 
nach oben spitz zulausende (daher auch Spitzsäule) 
und pyramidenförmig endigende Säule aus nie¬ 
driger Basis, von Mittelägypten bis nach Nubien 
hin weit verbreitet und ihrem Ursprünge nach 
bis ins 15. Jahrhundert v. C. hinausragend. Die 
meisten sind aus Granit vom libyschen Gebirge, 
seltener aus Kalkstein und weißem Marmor, und 
zwar aus Einem Stück gearbeitet; man hat die 
Steinbrüche zu Syeue entdeckt, aus denen sie be¬ 
arbeitet worden sind. Die viereckige ausgehöhlte 
Grundlage, in der sie ruhen, ist meistens einige 
Fuß breiter als die Säule. Die Höhe der Obe¬ 
lisken schwankt zwischen 50 und 150 Fuß. Sie 
sind entweder ganz glatt oder mit Hieroglyphen 
(s. d.) verziert, und zwar bald ans allen vier 
Seiten, bald nur theilweise. Die Schrift geht bis 
zu einer Tiese von 2 Zoll und ist meist felder- 
oder absatzweise eingetheilt, sehr häufig aber auch 
mit verschiedenen Farben ausgemalt. Unter den 
Alten berichten Herodot, Diodor von Sieilien und 
der ältere Pliuius über die Obelisken, deren eine 
große Zahl vorhanden gewesen sein muß. Sie 
standen vornehmlich vor den Tempeln und haben 
ohne Zweifel eine religiöse Bedeutung gehabt, 
mögen aber außerdem wol auch astronomischen 
Zwecken, als Sonnenzeiger n. dgl., gedient haben. 
Zur Herbeischaffung fo kolossaler Massen kamen 
den Äegyptern außer dem Nilstrome besondere 
Fahrzeuge uud uus nicht näher bekannte Werk¬ 
zeuge zu Hülse. Nach dem Eintritte der persischen 
Herrschaft sind keine neuen mehr errichtet worden, 
und auch die Ptolemaier haben Alexandrien mir 
mit älteren geschmückt. Die berühmtesten waren 
zu Heliopolis (s. d.) und Theben in Oberägypten; 
neun derselben sind im Lause der Zeit, zuerst 
uuter deu Kaisern Augustus, Caligula und Clau¬ 
dius, nach Rom gebracht worden. Von den beiden, 
welche Angnstus auf einem eigenen, lange in 
Ostia aufbewahrten Fahrzeuge mit großen Kosten 
aus Heliopolis holen ließ, stand der eme auf dem 
Marsfelde und diente als Gnomon oder Sonnen¬ 
zeiger bei den in Angnstus' Austrag von Mani- 
lius getroffenen großen Veranstaltungen zur Er¬ 
richtung einer Sonnenuhr, wurde aber im Mittel¬ 
alter (vielleicht durch die Normannen) umgestürzt 
und erst in neuerer Zeit wieder hergestellt; der 
audere wurde auf der Spina int Circus maximus 
aufgestellt (wahrscheinlich 10 n. C.), ebenfalls bei den 
Verheerungen zu Rom durch die Barbaren tn Stücke 
zerbrochen und erst int 16. Jahrhundert aus der 
Piazza del Popolo wieder ausgerichtet; er hat auf 
jeder Seite des Schafts 3 Reihen Hieroglyphen. Eilt 
anderer (der vaticanifche) wurde unter Ealigularim 
Circus Vaticanus, im 16. Jahrhundert aber vor 
der Peterskirche aufgestellt. Den größten und 
mit den schönsten Scnlptnren versehenen (vom 
König Ramses) ließ Constantius II. im I. 357 
n. E. im Circus Maximus errichten, uud nachdem 
derselbe int 5. Jahrhundert von den Barbaren 
umgestürzt war, wurde er 1588 aus dem Platze 
vor' der Johanniskirche int Lateran wieder ausge¬ 
stellt und daher der Lateranische genannt. — In 
neuester Zeit ist ein schöner £Dbelt)f ciu§ Sujov 
nach Europa gebracht und 1833 aus dem Con- 
cordienplatz zu Paris aufgestellt worden; er trägt 
die Namen des Ramses und Sesostris und tst 
mit einer dreifachen Reihe von Hieroglyphen be¬ 
deckt. — Endlich befinden sich auch noch ein Paar 
in Alexandrien in dem nördlichen Theile der alten 
Stadt, der eine mit sehr schönen und gut erhal¬ 
tenen Hieroglyphen, vom König Ramses, „tue 
Nadel der Cleopatra" genannt; der andere da-
	        
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