Quintilii -
agendi debeat esse finis, quae post finem stu-
dia nuantuni nostra valebit iutirmitas, disse-
ramuB. Also ein vollständiges Lehrbuch der Rhe¬
torik , das von dem ersten Jngendunterrichte an
bis zu dem Austreten des ausgebildeten Redners
encyklopädisch alles umfassen sollte, was auch in
einer der öffentlichen Beredsamkeit nicht sehr ge¬
neigten Zeit erforderlich war. Ist ihm die Be¬
redsamkeit auch im weitesten Sinne die scientia
bene dicendi, so stellt er doch auch an den Red-
uer, den vir bonus dicendi peritus, höhere sitt¬
liche Ansprüche und baut ans sittliche Grundsätze
ein System des gesammten rhetorischen Wissens.
Er hat weniger die zahlreichen Werke griechischer
Autoren benutzt, als vielmehr sich seinem großen
Meister und Vorbilde Cicero angeschlossen (dis-
sentire vix audeo a Cicerone, 7, 3, 8.). Daher
sind die Beziehungen auf griechische Quellen (Dio^
uysios von Halikarnaß und Cäcilms) im Ganzen
selten, und selbst da ist nicht immer sicher, ob er
auch wirklich aus den Originalen geschöpft hat;
wenigstens lassen sich so die Ungenauigfeüen er¬
klären. Dagegen sind überall zahlreiche Belege
für ein eindringendes Studium cicerouianischer
Schriften, das auch auf die Reinheit und Sauber¬
keit der Darstellung den besten Erfolg geübt hat.
So ist es nicht zu verwundern, daß dies reich¬
haltige Lehrbuch zu allen Zeiten großes Ansehen
genossen hat und selbst im Mittelaller vielfach
benutzt ist. Seitdem Poggi zu den Zeiten des
Constanzer Conciliums in St. Gallen eine vollstän¬
dige Handschrist ausgesunden hatte, ist das Werk
häufig gedruckt, jedoch erst in neuester Zeit mit
schärferer Abwägung des Werthes handschriftlicher
Hülfsmittel, unter denen zunächst ein Ambiosianas
aus dem 11. Jahrhundert, sodann ein Turicensis,
Florentinus, Bernensis und Bambergensis die
besten sind, kritisch behandelt. Ausgg. von P. Bur¬
mann (1720), Gesner (1738), Spalding (1798—1816;
dazu 5.Bd. vonZumpt, 1829, 6.23b., lexicon Qmn-
tilianeum, von Bonnell, 1834; Hauptausgabe),
Wolff (1816—20), Bernhard (1830), Zumpt (1831),
Bounell (1854), C. Halm (1868, krit. Hauptans-
gabe). Dem 10. Buche hat man wegen der Be¬
urtheilung der dem Redner empfohlenen Schrift¬
steller größere Sorgfalt in der Erklärung gewidmet
als den übrigen (Ausgg. von Frotscher, 1826,
Herzog, 1833, Bonnell, 4. Aufl. 1873, Krüger, 2.
Aufl. 1874, und Halm, 1869). — Außerdem be¬
sitzen wir unter Qnintiliaus Namen zwei Samm¬
lungen von Declamatiouen, von denen die eine,
mit 19 längeren Proben dieser ©chutübungen, sich
mit fingirten, aus ganz andere Zeiten und Ver¬
hältnisse passenden Ausgaben beschäftigt, die an¬
dere, 145 enthaltend, nur Excerpte einer größeren
Sammlung darbietet (enthalten in der Burmann-
fchen Ausg.). Bei feiner von beiden läßt sich
Qnintiliaus Autorschaft nachweisen, am allerwe¬
nigsten bei der zweiten. Ob die größere von
einem andern Guintiticm, einem Oheim ober dem
Vater gar, herrühre, wirb sich nicht beweisen lassen.
Vielleicht rühren beibe von einem Schüler bes¬
seren her. Jebeusalls haben sie keinen anbern
Werth, als uns über bie abeschmackte Praxis ber
Rhetorenschulen zu unterrichten, beren Verfahren
unser Qninülian (2, 10, 6.) entschieden mißbilligt.
Quintilii (Quinct.), ein altes ans Alba stam¬
mendes patricifches Geschlecht, welches mit den
-Quirites. JÖ1
Fabiern schon zur Zeit der Gründung Roms den
Dienst bei den Lupercalien geübt haben soll.
Dahin gehören: l) P. Quint. Varns, tuelchei
im I. 203 als Prätor siegreich gegen den Bruder
Shannibals, Mago, im Laude der Jnsubrer kämpfte.
Liv 30 l. 18.— 2) P. Quint., römischer Jurist
nach Cic. Quint. 17, 54. — 3) Sept. Quint.
Varns, kämpfte mit Domitius Ahenobarbus gegen
Cäsar, der ihn, als er bei Corfinium in Gefan-
aeiifchaft gerathen war, frei ließ. Caes. b. c. 1,
23. — 4) ©ein Sohn. P. Quint. Varns, Co»
ful im Jahre 13 v. C., wurde im I. 7 v. C.
Statthalter in Syrien, wo er sich durch Habsucht
und Erpressungen verhaßt machte, und ging (viel¬
leicht dadurch empfohlen, daß er durch Heirat!)
mit der kaiserlichen Familie verwandt war) im
°sahre 5 n. E. als Statthalter nach Deutschland.
Seine Rücksichtslosigkeit bei Einführung römischer
Sitte und Sprache, fowie seine Habsucht, bie er
auch in dem armen Germanien befriedigen wollte,
veranlaßte den Aufstand der germanischen Stämme
unter Armiuius, welcher in der blutigen Schlacht
im Teutoburger Walde das römische Heer ver¬
nichtete. Varus stürzte sich aus Verzweiflung in
sein eignes Schwert (9 u. C.). Tac. hist 5, 9.
Veil. Pat. 2, 117. Bio Cass. 56, 18 ff. — 5)
Quint. Varus, Freund des Vergil und Horaz
(od 1, 18, 24. a. p. 438.), starb im I. 23 v. C.
— 6) ©ext. Quint. Condianus und 7) Sep I.
Quint. Maximus, zwei durch Eintracht aus¬
gezeichnete Brüder, Eousnln zusammen un I. 151
n. C., verwalteten gemeinschaftlich unter Marc
Aurel im I. 173 Griechenland und kämpften 178
zufammen gegen die Germanen. Unter (Sommo-
bus fanden beide mit der ganzen qninlilifchen
Familie ihren Tod. Bio Cass. 72, 5 f.
Quiutus Smyrnaeus f. Epos, 6.
Quirinalia s. Quirinus.
Ouirinälis 1) s. Flamen. — 2) s. Roma, 2.
Quirinus, Adjectivum, gewöhnlich abgeleitet
von dem sabinifchen Worte curis, römifch quiris,
bie Lanze, ober von ber ©abinerstadt Cures, ein
sabinischer Beiname des Mars als lauzenschwin-
geuben Kriegsgottes. Der Raute
hat sich aber srühe verselbständigt, und zwar, ehe
er von den Sabinern nach Rom gebracht wurde,
wo Quirinus als eigene Person dem Mars an
bie Seite trat. Den Sabinern galt Quirinus als
Vater ihres Ahnherrn Mebius Fidius, bes Grün-
bers von Cures; bie Römer hielten ben Gott
für ihren vergötterten Ahnherrn Romnlns, ben
©ohn bes Mars. Verg. Ä. l, 292. Ov. fast. 2,
475 ff. 4, 56. 808. Er hatte zu Rom einen eige¬
nen Flamen Quirinalis (IAv. 1, 20. Ov. fast. 4,
910.) uttb feine Opferstätten aus betn mons Qui¬
rinalis ober an ber porta Collina (später Quiii-
nalis). Dem Quirinus wurde zu Rom am 17.
Februar das Fest der Quirinalia (Ov. fast. 2,
475 ss.) gefeiert, an welchem ihm von feinem
Flamen geopfert und feine Waffen gesalbt wur¬
den. Ruma sollte das Fest eingesetzt haben. Tac.
ann. 4, 38. hist. 4. 58. — Auch Janus (Suet.
Od. 22.) und Augnstus (Verg. G. 3, 27.) hatten
ben Beinamen Quirinus.
Quirites (vgl. Quirinus), ursprünglich Be¬
zeichnung ber Sabiner; später, nach ber Vereini¬
gung berselben mit den Römern, bezeichnet es
dieselben zwar als Krieger, sofern sie nach alter