100 I. Die Zeit der Konstitutionen.
bezahlen (woran man ihnen ihrer Armut wegen später
etwas nachließ) und liberalere Regierungen einsetzen. So¬
fort aber machte man sich an die Reform der Bundes¬
verfassung, die am 2. Sept. 48 fertig wurde nnd die
Umwandlung des Staatenbundes in einen Bundesstaat
zuwegbrachte. In der Hauptstadt Bern sitzt seither der
auf drei Jahre gewählte Bundesrath ans sieben Mit¬
gliedern, von denen eines alljährlich zum Präsidenten er¬
nannt wird. Im Gesetzgeben unterstützt ihn ein Stände¬
rath, der aus 44 Vertretern der Kantonsregierungen be¬
steht, und ein Nationalrath, dessen Mitglieder von allen
mindestens 20 Jahre alten Schweizern gewählt sind.
Metternich nnd Gnizot zürnten sehr über dieses rasche
Vorgehen, waren aber schon selbst Flüchtlinge, als dasselbe
zum Abschluß kam. Das Beispiel der kleinen Schweiz, die
ihre Angelegenheiten so frisch erledigte, ohne die fremden
Gesandten dreinreden zu lassen, wirkte weithin elektrisch
auf die Völker; namentlich auf diejenigen, welche wie
Deutschland und Italien gleichfalls einer durchgreifenderen
Einigung zustrebten. Und als in Frankreich die Februar¬
revolution ausbrach, wehte dieser neue Wind wiederum
so lustig über den Jura, daß eine Freischaar von Chanx
de fonds aufbrach 29. Febr. 48 und die preußische Re¬
gierung in Neuen bürg über Nacht stürzte. Die Tag-
satznng hatte daran ihr Wohlgefallen, löste einseitig das
Band, welches jenes Fürstenthum mit Preußen verband,
und nahm es als Kanton in den neuen Bundesstaat auf.
Verfassungsänderungen im Innern eines Landes lassen sich
eben kaum bewerkstelligen, ohne das Verhältniß zu andern
Staaten wesentlich zu stören. —
Führen wir die Geschichte der Schweiz gleich weiter
fort! Der preußische König behielt sich seine Rechte auf
Neuenburg vor, machte sie aber erst geltend, als 3. Sept.
56 eine Schaar Royalisten Nenenburg für ihn wieder
durch einen Handstreich in Besitz nahm, freilich nur um
nach etlichen Tagen von Berner Truppen gefangen genom¬
men zu werden. Es kam zu Rüstungen in Preußen und