156
pfennigstüceke geschenkt, hier hast du dafür ebenso viele
Goldstucke.“ Die erstaunten Eltern sagten: „Ach, das ist
zu viel!“ Alein der General sprach: „Nein, nein! Es ist
dies nur ein armseliger Lohn, den besseren hat das gute
Kind im Himmel zu erwarten.“
Barmherzigkeit und Wohlthun werden belohnt im Himmel
und auf Erden.
189. Die sonderbare Mauer.
In einem Dorfe war zur Winterszeit der Feind angesagt
worden. Der hatte überall grausam gewirtschaftet und nahte in
großen Haufen, und die Leute im Dorfe hatten selber nicht viel
mehr als das nackte Leben und ihre leeren Häuser. Darum
rannten sie ratlos hin und her mit Jammern und Klagen, wußten
nicht, was anfangen, und hielten sich alle für verloren. Gerade
im ersten Hause des Dorfes wohnte eine alte Großmutter mit
ihrem jungen Enkel; die dachte, als sie die Hiobspost vernahm:
„In Gottes Namen! Ich will beten,“ nahm ihr Gesangbuch,
legte die Hände zusammen, betete ihr Lied, und darin kamen die
Worte vor:
„Eine Mauer um uns bau,
daß dem Feinde davor grau'!“
„Ach, Großmutter,“ sagte der Enkel, „es wäre wohl gut, wenn
unser Herrgott eine Mauer um uns bauen wollte, wir hätten's
am allernötigsten, denn in unser Haus werden sie am ersten
fallen, die hungrigen Wölfe, aber das ist doch vergeblich gebetet!“
„Ei wohl,“ sagte die Alte, „er kann alles, er wird's wohl
können!“ Draußen fing's an, still, aber heftig zu schneien, der
Nordwind blies dazwischen, und endlich zogen die Feinde heran.
Bald hörte man ihr Geschrei durchs ganze Dorf, es wurde an
die Läden geklopft, geflucht und um Hülfe gerufen, und eine
ganze Stunde lang hörte man immer neue Scharen ins Dorf
Teiten. Vor dem Hause der Großmutter aber blieb alles still —
die Feinde ritten wohl lärmend vorbei, aber ans Haus rührte
keiner, da legte sich die Alte endlich zur Ruhe. Am Morgen,
als die Feinde abgezogen sind, macht der Enkel vorsichtig die