7.
Verhandlungen über den Eintritt Bayerns und
die Erweiterung des Norddeutschen Bundes zum
Deutschen Bunde bzw. Reiche.
a) Aus einem Briefe ö es Grafen Bray an
seinen Stellvertreter in München.1)
Versailles, 24. Oktober 1870.
Aus Graf Bismarcks Äußerungen geht deutlich hervor,
datz die Absicht, dem neuen Bunde den Namen Reich,
dessen Präsidenten den Titel Kaiser zu geben, hier mit
entschiedener Vorliebe behandelt wird. Der Kanzler sagte
mir, er habe im Jahre 1866 diesen Bezeichnungen feinen
wert beigelegt. Jetzt sei er zu der Überzeugung gelangt,
datz man mit diesen Worten viel Tatsächliches der öffent¬
lichen Meinung und dem Reichstag annehmbar machen
sönne, was es sonst nicht wäre. Damit ist gesagt, Satz
auch preutzen vieles konzedieren würde, wenn ihm in diesem
Punkte entsprochen werde.
Graf Bismarck fügte bei, von den Fürsten -— und an
deren Spitze vom König von Bayern — sei die Verleihung
des Titels wünschenswert, weniger vom Reichstag, welcher
sonst wohl die den Fürsten zugedachte Rolle zu der {einigen
machen würde, hier also liegt der Schwerpunkt der Situa¬
tion, und damit ist der preis bezeichnet, um welchen Kon¬
zessionen reellerer Art erlangt werden können.
b) Aus einem Bericht des Grasen Bray
an König Ludwig von Bayern.2)
Versailles, den 28. Oktober 1870.
Die in meinem Berichte vom 24. I. ITT. angekündigten
Vorbesprechungen der Staatsminister v. pranckh und v. Lutz
haben seitdem stattgefunden, ohne datz es bis jetzt zu einer
formulierten Fassung des Textes gekommen wäre. Durch
den preußischen Kriegsminister v. Roon ist indessen eine
Aufzeichnung übergeben worden, welche die hauptsächlichsten,
x) ©. v. Bray=Steinburg, Denkwürdigkeiten aus seinem Leben,
Leipzig 1901, S. 172.
2) st. a. ©. 173 ff.
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