Erstes Kapitel:
3m weißen üoß.
war an einem milden Augustabend im Jahre 1806.
^ Die Bewohner der guten Stadt Braunschweig hatten
ihr Tagewerk vollendet, und viele eilten nun, nach des
Tages Last und Hitze, hinaus vor die Thore, um draußen
im Grünen, unter dem Schatten der Eichen und Kastanien
Erholung zu suchen. Die Schenken, die in der Nähe der
Stadt zur Einkehr einluden, bewährten auch heute ihre
Anziehungskraft, und auch in dem Wirtshause „zum
weißen Roß" vor dem Petrithore war eine Anzahl Bürgers¬
leute, Beamte, Kaufleute und Gewerbtreibende aller Art,
versammelt, die beim schäumenden Bierkrug sich unter¬
hielten von den Ereignissen des Tages. Der Wirt des
weißen Rosses, Konrad Stässe, ging mit blendend weißer
Latzschürze zwischen den Gästen, die im Garten an den
blankgescheuerten Tischen saßen, auf und ab, ließ sich auch
wohl hie und da mit ihnen in ein Gespräch ein oder
reichte einem neu hinzukommenden Gaste die Hand zum
Gruß; seine Pflegetochter Marie dagegen, ein bescheidenes
junges Mädchen von etwa zweiundzwanzig Jahren, hatte
alle Hände voll zu thun, um die durstigen Gäste zu be¬
dienen.
Das Gespräch der Bürger drehte sich natürlich um
die großen Ereignisse, die damals alle Gemüter in Auf¬
regung versetzten. Ein Eilbote hatte vor kurzem die Kunde
nach Braunschweig gebracht, daß der deutsche Kaiser
Franz II. die Krone des heiligen deutsch-römischen Reiches
niedergelegt und alle Kurfürsten, Fürsten und Stände von
dem ihm geleisteten Treueide entbunden habe. Wie ein
Tie mann, Der schwarze Herzog. 1