— 36 —
die Befreiungsstunde geschlagen hatte, als in den Schlachten
bei Leipzig und Waterloo die Schmach gesühnt war, da
gedachte man auch daran, die Gebeine des alten Helden
heim zu holen in sein Vaterland, und am 10. November
1819 wurden dieselben in der Gruft unter dem Dome zu
Braunschweig beigesetzt. Bis auf den heutigen Tag aber
ist Karl Wilhelm Ferdinand unvergessen in den Herzen
der Braunschweiger, und selbst wenn der Obelisk auf dem
Monumentsplatze und das herrliche Reiterstandbild auf dem
Schloßhofe nicht an ihn erinnerten, es würde dennoch stets
seiner in Liebe gedacht werden; denn „das Gedächtnis des
Gerechten bleibet im Segen".
Fünftes Kapitel:
Der Spion.
Bereits am 26. Oktober, einen Tag nach der Flucht
des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von seiner Haupt¬
stadt, kamen die ersten Franzosen unter der Führung des
Generals Bisson in Braunschweig an. Bisson war, wie
so mancher General des damaligen französischen Heeres,
von einem gemeinen Soldaten zu dieser hohen Würde
emporgestiegen. Eine Zeit lang war er Regimentstambour
gewesen, wozu er sich wegen seiner kolossalen Körpergröße
vorzüglich eignete; aber auch im Trinken konnte er, wie man
sich erzählte, Großes leisten. Er hatte nur eine schwache
Abteilung reitender Jäger bei sich, als er in die Straßen
der Hauptstadt einzog, und er kam, wie er ausdrücklich ver¬
sicherte, als ein Freund der friedlichen Bürger. Die braun¬
schweigischen Truppen, die sich im tiefsten Friedenszustande
befanden, leisteten dem Einzuge der Franzosen keinen Wider¬
stand; sie wurden entwaffnet, und die Waffen und alle
Kriegsvorräte, die sich in der Stadt vorfanden, wurden in
das Zeughaus geschafft.