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Wetter entgegen. „Die Gase kommen!" Mit der ganzen Kraft seiner
Lungen ruft er es zu den ihm folgenden Häuern hinauf, damit sie schnell
sich retten. Dann strebt er selbst mit dem Mute der Verzweiflung nach oben.
Zu spät! Die Tiefe hält ihr Opfer unbarmherzig fest. Die Lampe er¬
lischt vor dem erstickenden Hauche. Tiefes Dunkel hüllt den Unglücklichen
ein. Die Sinne und die Kraft schwinden ihm. Langsam lösen sich die
Hände von der Fahrt. Der Körper sinkt hinab und schlägt schwer auf
der zunächst liegenden Bühne auf. Über den Leblosen hinweg schwillt der
Giststrom und steigt der Mündung des Schachtes zu. Nur mit Mühe
entrinnen die beiden Häuer dem tödlichen Atem.
Wie Irrlichter flackern bald darauf Lampen in der eingetretenen
Dunkelheit um die Unglücksstätte. In fieberhafter Eile sind die Kameraden
des Verunglückten am Rande des Schachtes mit den Rettungsarbeiten
beschäftigt. Eine Gestalt löst sich aus der Gruppe und tritt an die Mündung,
offenbar in der Absicht, in die gefährliche Tiefe hinabzudringen. Da schießt
eine Feuersänle ans dem Schachte heraus — der Gasstrom hat sich an
der brennenden Lampe entzündet. Die rote Glut taucht die umstehende
Menge in ein unheimliches Licht. Aus jedem Antlitz liegt Hilflosigkeit
und lähmendes Entsetzen.
Die riesige Flammensänle hebt sich höher und immer höher zum
Nachthimmel empor. Gleich feurigen Wogen quillt es aus der Mündung
des Schachtes heraus; es braust und heult das schaurige Siegeslied ent¬
fesselter unterirdischer Mächte. Tie Flamme steigt endlich wie ein prächtiges
Purpursegel zur Höhe hinauf und zerflattert in tausend feurigen Zungen.
Tief unten aber ist Friede. Dort ruht weltentrückt in Nacht und
Stille der brave Steiger nach seiner letzten Fahrt. Über seinem Grabe
bläht sich im kühlen Hauche des Nachtwindes die lohende Totenfahne.
U. Urbanek. (Bunte Bilder aus dem Schlesicrlaiide. II.)
178. Eine Teichwirtschaft.
1. dem Dorfe Bärsdorf-Track) bei Liegnitz finden wir eine Teich¬
wirtschaft, die sich durch sichere und zielbewußte Leitung zu einer Musteranstalt
entwickelt hat. Wer aber am Ende des Maimonds durch die Gemarkung
der Herrschaft geht, sieht kaum etwas von Teichen. Wohl blinkt hier und
da eine Wasserfläche, doch im allgemeinen ruht das Auge auf grünen Äckern,
die von Gebüschen malerisch unterbrochen werden. Freilich sind diese Acker¬
flächen von schmalen Dämmen umzogen, aber sie tragen noch üppig Gras
und Klee, und allerwärts steigen über ihnen die Lerchen zur Sonne. Wenige
Wochen später leiten die verzweigten Rinnsale Welle auf Welle herbei. Mehr
Hirts Deutscht» Lesebuch. AuSg. BD. III. Neubtg. 21 S