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II. Pom Eintritt der Erblichkeit des Herzogtums Biticm
im Hause der Mittelsbacher bis sur Erwerbung der
Kurwiirde.
Kap. 8. Von Otto I von Wittelsbach bis zur ersten Landesteilung.
1180—1255.
(35.) Die Reihe der Herzoge aus dem Hause Wittelsbach beginnt mit 1180
Otto I, durch welchen also der Stamm der Liutpoldinger wieder auf
den Thron Baierus gelangte. Er war wahrscheinlich auf dem Schlosse
Kelheim geboren, bei welchem er die Stadt gleichen Namens anlegte und
wo er auch häufig Hof hielt (nicht zu Regensburg, das freie Reichsstadt
war, doch mit der Burggrafschaft der bairischen Herzoge).
Er war ein kraftvoller, geistiggewandter, rasch entschlossener und beharr¬
licher Mann, der schon 1155 aus der Rückkehr von Italien den Kaiser
Friedrich und das ganze Heer in der Veroneser Klanse (Chiusa —
Engpaß) durch seine Entschlossenheit und Tapferkeit vom Untergang gerettet
und ihm nachher in noch vielen Feldzügen und bei diplomatischen Unterhand¬
lungen treuen Beistand geleistet hatte. Daher ward er von ihm mit Baiern
belehnt. (Die Pfalzgrafschaft in Baiern, die er vorher gehabt hatte, erhielt
sein Brnder Otto VII.)
Ottos rühmliche That bei bcr Veroneser ober Berner Klause bestanb barin: Ein
veronesischer Edelmann, namens Alb er ich, hatte mit 500 Wegelagerern bie jenen Eng¬
paß beefenbe Feste besetzt unb brohte von oben her burch Felsstücke unb Baumstämme
das kaiserliche Heer beim Durchzuge zu zerschmettern, wenn ihm nicht von jebem Vorüber¬
ziehenden Panzer unb Roß ausgeliefert würbe. Erzürnt über solchen Hohn, aber boch ver¬
legen blickte ber Kaiser auf die ihn umgebenden Heerführer, erkannte in bes Pfalzgrafen
Mienen den entschlossensten Mut und beauftragte ihn mit ber Bestürmung ber Feste.
Dtto nahm 200 der Kühnsten und zog mit ihnen unvermerkt nach der Hinteren Seite der
33urg, wo die steilen Felswände, an bie sie vorn wie ein Nest angebaut war, emporstarrten
und mit ihren Klippen noch über die Burg hinausragten, so daß man sich in ber Feste
von borther einen Angriff unausführbar buchte. Aber Otto ließ in die Felswand Stufen
hauen, erkletterte mit ben Seinen die Spitze unb ließ von derselben aus das Reichsbanner
wehen. Auf dieses Zeichen ließ der Kaiser bie Feste an ber Vorderseite angreifen. An¬
fangs spotteten die Belagerten bes Angriffes; als sie aber ben Feinb auch hinter ihnen ob
ihren Häuptern gewahr würben unb Otto mit den Seinen unter lautem Feldgeschrei
und Hörnerschall unter sie hinabstürmte, da verloren sie den Mut, und was von ihnen
bem ibchwerte entrann ergab sich. Alberich würbe mit noch elf italienischen Ebelleuten
ausgehängt; bem einzigen Franzosen, der unter den Gefangenen war, wurde das Leben
unter^ der Bedingung geschenkt, daß er an ben anberen bas Henkergefchäft verrichtete.
Sie Erblichkeit des Herzogtums Baiern im Wittelsbacher Hause wurde erst
1208 von Kaiser Dtto IV ausgesprochen.
2)er damalige Umfang Bai erns war im Vergleich mit der früheren Periode um ein
bedeutendes geringer; denn im Süden waren Kärnten, Krain, Istrien und Verona,
desgleichen Steiermark und Tirol, im Dsten Österreich als selbständiges Herzogtum