fullscreen: Vom Wiener Kongreß bis zur Gegenwart (3)

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feindlichen Stoßes nicht, so daß schon die Überraschung für ihn 
verderblich ist. 
So kann man jetzt nicht mehr von Kampf und Widerstand 
oder von einer entwickelten Schlacht sprechen; unwiderstehliches, alles 
niederwerfendes Vorbrechen der Preußen und die Niederlage der 
Österreicher drängten sich in einen kurzen Zeitraum zusammen. 
Graf Thun befand sich in einer besseren Lage als das Korps 
Mollinary, denn er verfügte noch über anderthalb frische Brigaden 
und über die Reiterdivision des Prinzen Thurn und Taxis. Aber 
er versuchte keinen Widerstand und befahl den rühmlosen Rückzug. 
Die Brücken an der Elbe übten auf ihn allzu große Anziehungskraft, 
und er führte sein Korps, dem Schwärme preußischer Infanterie 
folgten, ohne weiteres zu den Übergängen. Die Brigade Henriquez, 
von Schleswig-Holstein her die schwarz-gelbe zubenannt, die von 
Kampfeslust brannte und bisher noch gar nicht gesocht hatte, wurde 
schon um 2^2 Uhr über die Brücken bei Lochenitz zurückbeordert, die 
übrigen Truppen marschierten zwischen 3 und 4 Uhr bei Predmer- 
schitz über die Elbe. Die Division Thurn und Taxis deckte den 
Rückzug; die Palffy - Husaren hieben noch nachfolgende preußische 
Kavallerie zusammen, dann zogen sie dem 2. Korps nach. So ver¬ 
ließen 25 000 Österreicher das Schlachtfeld, lediglich schwache Rück¬ 
zugsgefechte liefernd, kräftig verfolgt von den Preußen. Von jetzt 
ab konnte die preußische 11. und 12. Division ohne Widerstand in 
die Rückzugslinie des Hauptheeres dringen — es war fast ein 
Wunder, daß dieses noch den Weg zur Elbe fand. 
Aber das hatte wenig zu sagen gegenüber dem verhängnis¬ 
vollen Einbrüche der Garde in das Korps Mollinary — unauf¬ 
haltsam drang ihre 1. Division unter General Hiller von Gärtringen 
durch den rechten österreichischen Flügel bis in das Zentrum. 
Offiziere und Mannschaften wußten aus dem stundenlangen Kanonen¬ 
donner, dem sie gefolgt waren, wie hart ihre Kameraden allein mit 
den Österreichern kämpften. Sie kannten ihre Aufgabe, und von 
ihrem ferneren Vormärsche haben Freunde wie Gegner später mit 
Bewunderung gesprochen. Vor sich hatten sie eine befestigte Linie 
des Gegners, dieselbe, die Benedek eine Stunde früher besichtigt 
hatte. Chlum selbst, schon zum österreichischen Zentrum gehörend, 
war durch die Brigade Appiano vom 3. Korps besetzt — daran 
schlossen sich die am Vortage aufgeworfenen Batterieschanzen, 
zwischen denen Teile des 4. Korps standen. Es war Mollinary 
nicht mehr gelungen, seine Truppen vollständig aus dem Swiepwalde 
herauszuführen; deshalb stellte er in die erste Linie die Brigade 
Erzherzog Joseph, von der fünf Bataillone noch nicht in den Kampf 
gekommen waren, dahinter die übrigen, schon arg zerzausten Ab¬ 
teilungen. Auf diese Schlachtlinie baute Benedek — aber wenn er 
gehofft hatte, auch hier werde die Artillerie den Feind aufhalten, so 
irrte er sich. Denn hier gab es keinen freien Ausblick wie von der
	        
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