i
— 298 —
So begann für die Christen eine schreckliche Zeit, in welcher ihr Blut in
Strömen vergossen wurde.
Am wüthendsten und allgemeinsten war die Verfolgung unter den
römischen Kaisern. Aus dieser Zeit zählt man zehn Hauptverfolgungen,
durch welche die Christen vom Jahre 64 n. Chr. an, also von den
Tagen des grausamen Kaisers Nero, bis in den Anfang des vierten
Jahrhunderts mit allen erdenklichen Martern, mit Scheiterhaufen unb
dem Schwerte, heimgesucht wurden. Die stolzen Beherrscher des großen '
Weltreiches und ihre Stellvertreter in den Provinzen lebten in allen !
Sünden und Lastern und konnten es nicht leiden, daß die Christen ein j
solches Leben mißbilligten und Buße und Besserung predigten. Auch
die Scharen der heidnischen Priester und aller derer, welche von den
Tempeln, Opfern und Götterfesten lebten und Gewinn zogen, waren
bittere Feinde der Christen. Sie benutzten allen Einfluß, den sie noch
auf das Volk hatten, um es zur Wuth gegen die Gegner der Götter zu
entflammen. Für den Pöbel selbst lag schon in der Ueppigkeit der Heid-
nischen Feste, in den Schnmusereien bei den Opfern und in der zügel-
losesten Freiheit, die bei der Feier einzelner Gottheiten herrschte, ein hin¬
reichender Grund zur fortdauernden Anhänglichkeit an den alten Götzen-
dienst. So mar das junge Christenthum überall von Feinden umlagert.
Unter den römischen Kaisern war Nero der erste blutige Christen-
Verfolger. Die römischen Geschichtsschreiber berichten von ihm, daß er
(64 nach Chr.) die Stadt Rom, welche mit ihren vielen alten Häusern
und krummen Straßen ihm nicht gefiel, an mehren Stellen zugleich an-
zünden ließ, um sie neuer und schöner herzustellen unb ihr seinen Namen
„Neropölis", b. i. Nerostadt, zu geben. Sechs Tage und sieben Nächte
dauerte der Brand. Als das Feuer am verderblichsten wüthete, sah man
den Kaiser auf der Zinne seines Palastes im prunkenden Gewände eines
Saitenspielers, der zum Klange der Leier die Einäscherung Trojas be¬
saug ! Obwohl die Römer von ihren Kaisern bereits das Schlimmste er-
tragen gelernt hatten, so erweckte doch diese muthwillige Barbarei eine
sehr bedrohliche Stimmung. Da verfiel Nero, um das Gehässige der
That von sich abzuwälzen, auf ein boshaftes Mittel. Er ließ die in Rom
nicht beliebten Christen, als die Urheber dieses Brandes, aufgreifen unb
eine zahllose Menge berselben hinrichten. Ihre Marter waren ihm nun
ein eben so angenehmes Schauspiel, wie vorher ber Branb ber Stabt.
Viele wurden gekreuzigt, andere in Thierhäute gesteckt unb von Hunben