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Graswuchse bedeckt. Die leicht veränderlichen Formen loser Schichtung
wurden fest. Wie zäher Schlick sich auf lockeren Sandwellen ablagert, breitete
sich eine dichte Grasdecke darüber aus und drückte der Kalahari den bleiben-
den Stempel ihrer Ursprungsprägung auf.
Der Blick schweift über langgestreckte Dünenrücken, die, in eintöniger
Folge aus der Tiefe wieder aufschwellend, zu abgerundeten Horizontlinien
verschmelzen. Oft ist der Reiter gleichsam von mächtigen Festungswällen
eng umschlossen, aus denen er sich zur Freiheit wieder emporarbeiten muß.
Die hellroten Streifen wieder frei gewehter Dünenrücken durchstreichen
das satte Grün des von Kräutern durchsetzten Grasbestandes. Sonst ruht
das Auge auf ununterbrochenen Matten, durch die der Boden rostbraun
hindurchschimmert. Ein vereinzelter Strauch, eine Gruppe flachgerundeter
Büsche, ein niedriger Baum mit silbergrauem, gekräuseltem Behang bilden
die spärliche Abwechslung. Die grünrote Farbenmischung, die feierliche Stille
dieser großzügigen Steppennatur, die Totenstarre ihrer plumpen Formen
wirken mit dem Gesamteindruck ausgesprochenster Eigenart. Nur ein aus-
steigender Vogel, ein aufgescheuchter Bock oder züngelnde Giftschlangen in
heimlichem Grasdickicht deuten auf Leben in dieser weltfernen Abgeschiedenheit.
Zahlreiche Spuren und ausgetretene Pfade nach flüchtigen Wasseransamm-
lungen verraten aber, daß auch sie nicht der Bewohner ermangelt.
Das ist die sogenannte „Wüste" Kalahari I Ein üppiger, von Nieder-
schlügen und perlendem Tau befruchteter Grasgarteu von sanfter Natur und
weichen Formen. Und dennoch zeitweise eine Wüste!
Wenn die Gräser vergilben und die Nachtfröste ihren Mehltau auf die
Pflanzen herabsenken, schrumpft auch die Schama ein, wird saftlos und ver-
dorrt. In ihr hat eine kargende Natur den Ausgleich geschaffen, der die
Pforten dieses geheimnisvollen Erdstriches dem Menschen und seinen Tieren
vorübergehend erschließt. Von fadem Geschmack, mäßig saftig und sehr kern-
reich, reicht diese wilde Melone von Apfel- bis Kinderkopfgröße hin, um dem
Körper die nötige Flüssigkeit zuzuführen. In reichlichen Mengen genossen,
macht sie auch Pferd und Rind für einige Zeit unabhängig von der Wasser-
aufnähme.
In Hasuur, dessen Weidefeld reich an Schamas ist, kann man Tiere
beobachten/ die tagelang kaum Wasser nehmen. Im Gegensatze hierzu weisen
andere die Schama zurück oder genießen sie auch bei Durst nicht in den
Mengen, die ihnen das Wasser zu ersetzen vermögen.
Hiermit ist bei Unternehmungen in die Kalahari ebenso zu rechnen,
wie mit dem nur strichweisen Vorkommen der Schama. Oft setzt sie, auch
in reicher bewachsenen Gegenden, stundenlang aus; und nicht immer ist daher
zur notwendigen Rast ein Schama-Feld zu erreichen.
Mit sorgfältig anf ihre Gewohnheiten erprobten Pferden wird man in
den Monaten März bis Mai die Kalahari auf weite Strecken durchreiten
können. In ergiebigen Regenjahren kann auch in diesem oder jenem Vley
aus Wasser wechselnder Genießbarkeit gerechnet werden. Doch des Pferdes
Hufe bleiben an den Boden gebannt! Schwer stapft es durch den tiefen
Sand; klimmt keuchend die steilen Dünenhänge hinan und steigt vorsichtig
verhaltenen Schrittes wieder zu Tal. Bergan, bergab in unaufhörlicher
Folge. Nach kurzer Zeit schon gerät das Tier, auch bei mäßiger Temperatur,
in Schweiß. Schweratmend und schaumbedeckt hastet es vorwärts, wenn es