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2. Knabe sprach: „Ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!"
Röslein sprach: „Ich steche dich,
daß du ewig denkst an mich,
und ich will's nicht leiden."
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.
3. Und der wilde Knabe brach
's Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
half ihr doch kein Weh und Ach,
mußt' es eben leiden.
Röslein, Röslein, Röslein roth,
Röslein auf der Heiden.
12. Abendlied.
1. Willkommen, o seliger Abend,
dem Herzen, das froh dich genießt!
Du bist so erquickend, so labend:
drum sei mir recht herzlich gegrüßt!
2. In deiner erfreulichen Kühle
vergißt man die Leiden der Zeit,
vergißt man des Mittages Schwüle
und ist nur zum Danken bereit.
3. Willkommen, o Abend voll Milde,
du schenkst dem Ermüdeten Ruh',
versetz'st uns in Edens Gefilde
und lächelst uns Seligkeit zu.
13. Noch ein Abendlied.
1. Der Mmid ist aufgegangen,
die goldnen Sternlein Prangen
am Himmel hell und klar;
der Wald steht schwarz und schweiget,
und aus den Wiesen steiget
der weiße Nebel wunderbar.
2. Wie ist die Welt so stille,
und in der Dämmrung Hülle
so traulich und so hold,
als eine stille Kammer,
wo ihr des Tages Jammer
verschlafen und vergessen sollt.
3. Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen,
und ist doch rund und schön:
so sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsre Augen sie nicht sehn.
4. Wir stolzen Menschenkinder
sind eitel arme Sünder
und wissen gar nicht viel,
wir spinnen Luftgespinnste
und suchen viele Künste
und kommen weiter von dem Ziel.
5. Gott, laß uns dein Heil schauen,
auf nichts Vergänglich'« bauen,
nicht Eitelkeit uns freun!
Laß uns einfältig werden
und vor dir hier auf Erden
wie Kinder fromm und fröhlich sein.
6. Wollst endlich sonder Grämen
aus dieser Welt uns nehmen
durch einen sanften Tod:
und wenn du uns genommen,
laß uns in Himmel kommen,
du unser Herr und unser Gott!
7. So legt euch denn, ihr Brüder,
in Gottes Namen nieder,
kalt ist der Abendhauch.
Verschon' uns, Gott mit Strafen
und laß uns ruhig schlafen!
und unsern kranken Nachbar auch!
14. Wanderers Nachtlied.
Ueber allen Gipfeln ist Ruh',
in allen Wipfeln spürest du
kaum einen Hauch;
die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
ruhest du auch!
15. Gruß.
Soviel Stern' am Himmel stehen,
an dem blauen Himmelszelt,
soviel Schäflein als da gehen
auf dem grünen grünen Feld,
soviel VLglein als da fliegen,
als da hin und wieder fliegen:
sovielmal sei du gegrüßt!
16. Der Sänger.
1. „Was hör' ich draußen vor dem Thor,
was auf der Brücke schallen?
Laß den Gesang vor unserm Ohr
im Saale widerhallen!"
Der König sprach's. der Page lief;
der Knabe kam, der König rief:
„Laßt mir herein den Alten!"
2. „Gegrüßet seid mir, edle Herrn,
gegrüßt ihr, schöne Danien!
Welch' reicher Himmel! Stern bei Stern!
Wer kennet ihre Namen?