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normannisch-französischen Elemente entstand das englische Volk und die
englische Sprache.
Als 1154 das normannische Herrscherhaus ausstarb, erbte das
Geschlecht der A n j o u - P l a n t a g e n e t die englische Krone. Der
erste König war Heinrich II. Er eroberte Irland und besaß fast ganz
Westfrankreich, wo er siegreich gegen seine aufständischen Söhne und
ihren Verbündeten, den König von Frankreich, kämpfte. Sein Nach¬
folger Richard L ö w e n h e r z, der Schwager Heinrichs des Löwen,
beteiligte sich am dritten Kreuzzug, mußte bei seiner Rückkehr aus Palä¬
stina zwei Jahre in deutscher Gefangenschaft zubringen und die deutsche
Lehnsherrlichkeit anerkennen. Sein Bruder und Nachfolger Johann
ohne Land verlor an den französischen König Philipp August fast
alle englischen Besitzungen in Frankreich und geriet auch mit Papst
Innozenz III. in Streit. Er mußte England und Irland als Lehen aus
der Hand des Papstes nehmen und wurde von den geistlichen und welt¬
lichen Großen seines Reiches gezwungen, den „Großen Freiheits¬
brief" (magna charta libertatum) zu unterzeichnen, der die Grund¬
lage der englischen Staatsverfassung bildet (1215). Eduard III. er¬
oberte gegen 1350 Wales, und da sein gleichnamiger Sohn dort geboren
wurde, nannte man den englischen Thronfolger „Prinz von Wales".
7. Kulturzustände in der Hohenstaufenzeit.
Staatliche Verhältnisse. Auch die staufischen Kaiser waren eifrig
bestrebt, ihrer Familie das Königtum zu erhalten. Doch am Ende des
dreizehnten Jahrhunderts erscheint das Reich vollständig als ein Wahl-
reich. Das Wahlrecht war allmählich auf sieben Wahl- oder Kurfürsten
übergegangen, aus die Erzbischöfe von Mainz, Eöln und Trier, den
König von Böhmen, den Pfalzgrafen am Rhein, den Herzog von
Sachsen-Wittenberg und den Markgrafen von Brandenburg. Wahlort
war seit den Hohenstaufen Frankfurt a. M.
Der Kaiser war der oberste Herr im Reiche. In dem langen
Streite um die Reichs- und Kirchenverfassung unterlag das Kaisertum
jedoch dem Papsttum, und feit Heinrich VI. ging das Ansehen der Kaiser
immer mehr zurück. Ihre Einkünfte waren gering, da die reichen Krön-
güter bis auf einen kleinen Rest verschleudert waren. Der Kaiser mußte
sich auf seine Hausmacht stützen, die mancher zu erweitern oder zu ge¬
winnen suchte. Um bei ihren Kämpfen eine kräftige Stütze und freie
Hand zu haben, suchten die Kaiser die Fürsten durch Überweisung von
Krongütern und Verleihung von Hoheitsrechten für sich zu gewinnen.
Die Fürsten waren nicht mehr Reichsbeamte und Vasallen; sie betrach-