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Dritter Zeitraum.
konnte. Auch im Norden stand eine Armee unter Bourbaki, die mit einer
Westarmee Fühlung hatte; im Südosten hatte der Italiener Garibaldi aus
italienischen und französischen Freischaren ein Korps gebildet, um aus Be¬
geisterung für die Republik die Sache der Freiheit zu verteidigen. Gegen
ihn wandte sich Werder, der ihn bis über Dijon Hinaustrieb, während er
gleichzeitig Belsort belagerte. Gegen die übrigen feindlichen Heere stand
der deutschen Heeresverwaltung aber kaum ein nennenswertes Korps zur Ver¬
fügung. Da fiel zum Glück Metz. Schon vorher hatten die einzelnen dadurch
frei werdenden Korps Anweisung erhalten, wohin sie sich wenden sollten:
General v. Manteusfel sollte mit der ersten Armee das Belagerungsheer im
Norden schützen; ein Korps blieb zur Besetzung von Metz und zur Bewachung
der Gefangenen zurück; Priuz Friedrich Karl zog mit drei Korps nach Süd¬
westen. Es war die höchste Zeit!
Die größte Gefahr drohte von der Loire-Armee. General v. d. Tann
vermochte sich nicht länger zu halten; nach einem siebenstündigen Kampfe gegen
eine vierfache Übermacht bei Conlmiers zog er sich geordnet zurück. Zu
seiner Unterstützung erschien zuerst der Großherzog Friedrich Franz von
Mecklenburg, dann Prinz Friedrich Karl, der die schon auf dem Marsche
nach Norden befindliche Loire-Armee aufhielt und bei Bemme la Rolande
(28. November) besiegte. Dann drängte er sie am 3. und 4. Dezember in
mehreren Gefechten, die man unter dem Namen Schlacht bei Orleans
zusammenfaßt, bis Orleans zurück; die Stadt kapitulierte und wurde wieder
von beit Deutschen besetzt. Die Loire-Armee war zersprengt; ein Teil derselben
zog sich nach Westen zurück, ber anbere saitb später im Sübosten Verwenbnng.
Deutsche schwärmten bereits auf dem linken Loireufer, und die Regierung in
Tours verlegte der Sicherheit wegen ihren Sitz nach Bordeaux.
Auch im Norden waren die deutschen Waffen siegreich. Nachdem
Manteusfel den Feind bei Amiens nach heftigem Kampfe geworfen hatte,
konnte er feine Truppen an die Küsten des Kanals und südlich bis über bie
Seine hinaus schweifen lassen. Eine zweite Armee traf er hinter ber HaHue,
einem von Norden nach Süden zur ©mittue fließenden Bach, wo sie sich in
den mit Bache liegenden Dörfern und auf dem östlichen, das westliche über¬
ragenden Ufer verschanzt hatte. Trotz dieser günstigen Stellung und der
Übermacht des Feindes wurde dieser (23. Dezember) dennoch vertrieben.
In diesen Tagen begann auch die Beschießung der Pariser Festungswerke;
deshalb verdoppelten die Franzosen ihre Anstrengungen, der bedrängten Stadt
Hilfe zu bringen, solange es noch möglich war: im Norden, Westen und Süden
bildeten sich neue Heere. Am meisten war die Westarmee unter Chanzy zu
fürchten; deshalb brach Prinz Friedrich Karl gegen sie auf, der Großherzog
von Mecklenburg schloß sich ihm an. Der Marsch stellte an die Truppen
die höchsten Anforderungen. Der eisigen Winterkälte der letzten Tage folgte
Regen und Schnee; als dann wieder Frost eintrat, vermochten die Fußgänger
auf dem glatten Boden kaum vorwärts zu kommen, und die Reiter mußten
ihre Pferde am Zügel führen. Auch die Verpflegung ber Truppen war tut-
geniigenb; trotzbent trieben sie den an Zahl doppelt überlegenen Feind in den
Kämpfen vor Le Maus (10.—12. Januar) von Dorf zu Dorf, von Gehöft