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Der kleine Christian, der kaum sechs Jahre alt Avar, machte
sich nüchtern und sehr betrübt auf den Weg in die Schule. Er
kam an der offenen Kirchtür vorbei, ging hinein und kniete vor
dem Altare nieder. Da er niemand in der Kirche sah, so betete
er mit lauter Stimme: „Lieber Vater im Himmel! Wir Kinder
haben nichts mehr zu essen. Unsere Mutter hat kein Brot und
kein Mehl mehr, nicht einmal ein Ei; gib uns doch etwas zu
essen, damit wir samt unsrer lieben Mutter nicht verhungern
müssen! Ach ja, hilf uns! Du bist ja reich und mächtig, du
kannst uns leicht helfen, und du hast es uns noch dazu ver¬
sprochen.“
So betete Christian in seiner kindlichen Einfalt und ging
dann in die Schule. Als er nach Hause kam, erblickte er auf
dem Tische einen großen Laib Brot, eine Schüssel voll Mehl und
ein Körblein voll Eier. „Nun, Gott sei Dank!“ rief er freudig:
„Gott hat mein Gebet erhört. Sag' doch, liebe Mutter, hat ein
Engelein dieses alles zum Fenster hereingebracht?“
„Nein,“ sagte die Mutter, „aber Gott hat dein Gebet dennoch
erhört. Als du am Altare betetest, kniete die Frau Amtmann in
ihrem vergitterten Kirchenstuhl. Du konntest sie nicht sehen,
aber sie hat dich gesehen und dein Gebet gehört. Deshalb hat
sie uns dieses alles geschickt. Sie war der Engel, durch den
Gott uns geholfen hat. Kinder, so danket denn alle Gott, seid
fröhlich und vergesset in eurem Leben nicht den schönen Spruch:
Gott kann dich wunderbar erhalten,
vertrau’ auf ihn und laß ihn walten.“
248. Der Knaöe vor dem Apfelkorö.
Ä. Jais.
Ein Knabe ging in ein Haus, um einen anderen Knaben
in die Schule abzuholen. Er kam in die Stube und sah da¬
selbst keinen Menschen; wohl aber sah er bei dem Fenster einen
Korb voll Apfel stehen. Das sind schöne Apfel, dachte er bei
sich und ging näher hinzu und sah sie noch begieriger an. Ja,
er griff schon nach dem Korbe und langte heraus. „Aber