Cicero.
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umfassenden Arbeit über die gesammte Rhetorik. Seine übrigen
rhetorischen Schriften gehören alle einer späteren reiferen Lebens¬
periode an. Die bedeutendsten derselben sind die drei Bücher
vom Redner {de Oratore), im J. 55 verfasst, in welchen er in
Form eines Dialogs, bei dem die oben genannten ausgezeichneten
Redner L. Crassus und M. Antonius das Hauptwort führen, seine
durch Erfahrung und Nachdenken gewonnenen Einsichten über
die Beredsamkeit niedergelegt hat, der Brutus, vom J. 46, eine
Geschichte der römischen Beredsamkeit bis auf seine Zeit, eben¬
falls in dialogischer Form, und der Redner (Orator), ebenfalls
aus dem J. 46, eine Schilderung des Ideals der Beredsamkeit.
Ausserdem sind von ihm noch einige kleinere rhetorische Schriften
erhalten, nämlich Topica, Partitiones oratoriae, de optimo genere
oratorum und Paradoxa: denn auch diese letzteren sind zu den
rhetorischen Schriften zu rechnen, da sie die rednerische Aus¬
führung von 6 Sätzen der stoischen Philosophie als Beweis
und Probe enthalten, wie sich auch die auffallendsten Sätze
dieser philosophischen Schule von dem Redner wirksam behan¬
deln lassen.
Von den philosophischen Schriften ist die früheste über den
Staat, aus dem J. 54, in welcher er seine Ansichten über die
Verfassungsform, mehr jedoch durch eine geschichtliche Darstel¬
lung der römischen Verfassung, wie sie zur Zeit ihrer Blüthe
gewesen, als durch eine philosophische Erörterung zu entwickeln
sucht. Sie war in 6 Bücher getheilt, von denen uns aber nur
etwa ein Drittheil und auch dieses erst durch eine glückliche
Entdeckung der neueren Zeit gerettet ist. Von verwandtem
Inhalt und Charakter sind die 3 Bücher über die Gesetze, deren
Abfassungszeit unsicher ist (die Schrift selbst ist unvollendet):
eine Art idealer Gesetzgebung, die jedoch auch meist die römische
ist, so dass auch diese Schrift ein mehr historisches als philo¬
sophisches Gepräge hat. Alle übrigen philosophischen Schriften
sind in den beiden Jahren 45 und 44 verfasst, als er in jenem
Jahre sich im Schmerz über den Tod seiner geliebten Tochter
Tullia für längere Zeit auf seine Landgüter zurückgezogen hatte
und dann im J. 44 nach der Ermordung Cäsar’s während des
Schwankens der inneren Zustände wiederum mehrere Monate auf
dem Lande zubrachte. In jenes Jahr gehören: die Trostschrift,