Full text: Deutsche Geschichte vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zur Gegenwart (Teil 2)

Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst. 
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nehmungsgeist des kleinen Volkes, das damals sich zur ersten Seemacht 
der Welt emporschwang. 
So wurde der Aufenthalt in Holland eine treffliche Vor¬ 
schule für den künftigen Herrscher. Aber von seinem Vater war er ge¬ 
flissentlich den Staatsgeschäften ferngehalten worden. Er hatte deshalb keinen 
tieferen Einblick in die Verhältnisse seines Landes bekommen und empfand 
schmerzlich die „schwere und fast unerträgliche Regierungslast", die er in 
einem Alter von 20 Jahren übernahm. 
B. Kriege und Erwerbungen. 
a) Sein Verhalten im Dreißigjährigen Kriege und seine Erwerbungen 
im Westfälischen Frieden. Gegen Schwarzenberg (S. 172) war der Kur¬ 
fürst persönlich erbittert; er ließ ihn jedoch bis zu seinem Tode (f 1641) 
im Amte. Um aber sein vielgeplagtes Land von dem fremden Kriegsvolke 
zu befreien, trat der Kurfürst von dem Bündnis mit dem Kaiser zurück 
und beobachtete in den acht letzten Jahren des großen Krieges völlige 
Neutralität. Er schloß deshalb mit den Schweden einen Waffenstillstand 
und löste die vorhandenen Regimenter auf, zumal diese auch dem Kaiser 
verpflichtet waren. Als er aber fah, wie die Mark nun ganz schutzlos den 
kriegführenden Parteien preisgegeben war, schuf er ein eigenes branden- 
burgisches Heer (1644—1646). 
Bei den Friedensverhandlungen verwandte er sich mit Erfolg für seine 
reformierten Glaubensgenossen. Vorpommern und die Oder¬ 
mündungen mußte er zu seinem großen Schmerze den Schweden über¬ 
lassen. Doch war die Entschädigung mit weit auseinander¬ 
liegenden Gebieten innerhalb des Deutschen Reiches (S. 155) für 
die Zukunft des brandenburgischen Staates von der größten Bedeutung. 
b) Seine Teilnahme am Schwedisch-polnischen Kriege. Preußen ein 
souveränes Herzogtum. Als der Schwedenkönig Karl X. Polen bekriegte, 
trat Friedrich Wilhelm auf seine Seite. Beide siegten gemeinsam in der 
dreitägigen Schlacht bei Warschau, der Hauptstadt des polnischen Reiches, 1656 
über das doppelt so starke Heer des Gegners; die Entscheidung führte der 
brandenburgische General Otto von Sparr herbei. Es war die erste 
glänzende Probe auf die Tüchtigkeit der neugeschaffenen brandenburgischen 
Armee, welche damals den gefürchteten schwedischen Truppen sich ebenbürtig 
an die Seite stellte. 
Der Preis des Sieges war für den Kurfürsten die Anerkennung 
der Unabhängigkeit Preußens durch Schweden. Das gleiche Zu¬ 
geständnis gewährte der Polenkönig, als Friedrich Wilhelm sich mit ihm 
und dem Kaiser Leopold gegen Schweden verband. Schließlich wurde im
	        
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