fullscreen: König Friedrich Wilhelm II. - König Friedrich Wilhelm IV. (Bd. 2)

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Ka binettsrä te waren neben beit eigentlichen Ministern gleichsam Minister 
ohne ben Titel unb erregten nicht selten bie Eifersucht ber ersteren. War ber 
Minister ein energischer unb selbstbewußter Mann, so mußte er, wie es ber 
Finanzminister Freiherr vom Stein in einer Denkschrift that, bie er im Mai 
1806 betn Könige vorlegen ließ, biefe Einrichtung bes Geheimen - Kabinettsrates, 
bie unter Friedrich beni Großen eine bloß expedierende Behörde gewesen war, 
jetzt aber zu einer Ober-Instanz über die Minister sich entwickelt hatte, als 
etwas Schädliches verurteilen. Verschärft wurde freilich der Unmut der Mi¬ 
nister dadurch, daß die Kabinettsräte bürgerliche Emporkömmlinge waren: der 
Adel hielt sich allein für berufen, den Staat zu leiten.*) 
Rock) weit dringender indes als eine zweckmäßige Erneuerung ber Staats¬ 
verwaltung war eine Reform bes Heerwesens. Friedrich Wilhelm III. ahnte 
dies wohl; allein er getraute sieh nicht, ein so großes Werk vorzunehmen, zu¬ 
mal da seine Umgebung und die militärischen Autoritäten das Heer für vor¬ 
trefflich hielten. Im Sommer legte der Major von dem Knesebeck einen Plan 
vor, ber beit Zweck hatte, bie Armee in einer volkstümlichen Weise neu zu ge¬ 
stalten, aus betn veralteten Sold Heer ein zeitgemäßes Volksheer zu schaffen. 
Aber die Militärbehörde wies ihn ab mit der Bemerkung: „Es erscheint ganz 
unbegreiflich, wie jemand einer siegreichen Armee, die so lange für ganz Europa 
ein unerreichbares Muster gewesen ist und bleiben wird, eine totale Verände¬ 
rung ihrer Verfassung zumuten sann, welche sie zu einer bloßen Landmiliz 
reduzieren kann." Ebensowenig Erfolg hatten die Aufforderungen, bie behufs 
Einführung von Reformen an ben König selbst gerichtet würben. 3ie kamen 
übrigens sehr spät — erst im Angesichte ber brohenben Gefahr — und betrafen 
nur die Mißstäitdc bes Eivilstaates. Ter erste Versuch dieser Art war jene 
Denkschrift Steins vom Mai 1806. Stein wies darin nach, wie unzweckmäßig 
bie bisherige Kabinettsregierung, wie Verderblich die Wirksamkeit der Kabinetts¬ 
rate im allgemeinen und des unfähigen Rates Lombard int besonderen, und 
wie unheilvoll auch die Thätigkeit des obersten Ministers Grafen Haugwil; sei: 
er verlangte bie Entfernung biefer Ratgeber und fügte einen Entwurf zu einer 
zweckmäßigen Erneuerung der Staatsverwaltung bei. „Sollten Ew. Majestät", 
so endete er, „sich nicht entschließen, die vorgeschlagenen Änderungen vorzu¬ 
nehmen, sollten Sie fortfahren, unter dem Einfluß des geheimen Kabinetts zu 
handeln, so ist zu erwarten, baß ber preußische Staat entweder sich auslöst ober 
seine Unabhängigkeit verliert, und daß bie Achtung unb Liebe ber Unterthanen 
ganz verschwinben. Tie Ursachen unb bie Menschen, bie uns an ben Raub bes 
Abgrundes gebracht, werden uns ganz hineinstoßen " **) Tie Antwort 
des Königs war eine ärgerliche Abweisung; Steins Schritt blieb ohne andere 
*) Vergl. F. Nvack: Hardenberg und das Geheime ,ft obinett Friedlich Wilhelms II f. 
Gießen 1881, 3. 5. 
**) E. Meyer: Tic Resvrin der Berwalningsvrganisation unter Stein und Hardenberg. 
Leipzig 1881, S. 8.
	        
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