Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte oder umständlichere Erzählung der merkwürdigen Begebenheiten aus der allgemeinen Weltgeschichte

210 
Künstlicher noch sind die Taschenuhren. Die Engländer haben 
sich eine Zeitlang für die Erfinder derselben gehalten, und eine silberne 
Taschenuhr, die man auf einem Schlosse in Schottland fand, schien 
für sie zu sprechen. Diese Uhr hatte statt des Glases über dem Ziffer¬ 
blatt durchsichtiges Horn; und auf dem Zifferblatt standen die Worte: 
ködert U. kex 8cotorum, das heißt: Robert Bruce, König der 
Schotten. Dieser König regierte von 1305 bis 1349. Man schloß 
also daraus, daß die Taschenuhren schon zu Anfange des 14. Jahr¬ 
hunderts in Schottland bekannt gewesen wären. Allein die ganze 
Sache war ein Betrug, den ein Goldarbeiter in Glasgow gespielt 
hatte. — Der wahre Erfinder der Taschenuhren ist ein Deutscher, 
Peter Hele, Uhrmacher zu Nürnberg, der nach 1540 starb und ums 
Jahr 1500 diese Erfindung gemacht hat. Diese ersten Sack« oder 
Taschenuhren waren größer, als man sie jetzt macht, hatten ungefähr 
die Gestalt von Eiern und wurden daher auch wohl die Nürnbergischen 
Eierlein genannt. Man verstand es indeß schon früh, sie auch sehr 
klein zu machen; und Karl V., der von 1519 bis 1558 deutscher 
Kaiser war, hatte eine Uhr mit Zeigern und Glocke in einem Finger¬ 
ringe; und um 1000 trugen Frauenzimmer Uhren als Ohrengehänge. — 
Doch hatten diese^ ersten Uhren noch bei weitem nicht die Vollkommen¬ 
heit und Regelmäßigkeit unserer jetzigen: sie zeigten blos Stunden, 
hatten keine Feder und Kette, und die Bewegung der Unruhe war 
äußerst unregelmäßig. Auch hier hat der Holländer Huygens, derselbe, 
der die Pendeluhren erfand, wichtige Entdeckungen gemacht, um die 
Bewegung der Unruhe regelmäßig zu machen. 
4» 
Heinrich 1. und Mto 1. 
Die Nachfolger Karls des Großen hatten weder den Muth noch 
die Geistesgröße ihres Ahnherrn, sein weitläuftiges Reich in Ordnung zu 
erhalten. Da nun überdies das Erbrecht der Erstgeburt noch nicht 
eingeführt war; so entstanden bald blutige Fehden unter den Söhnen der 
fränkischen Könige, und Deutschland trennte sich als eigener Staat 
von Karls großem Reiche. — Doch war auch hier nicht Ruhe. Die 
mächtigen Herzoge wollten nicht gehorchen und bekriegten sich unauf¬ 
hörlich unter einander; und zwei Feinde hatte Karl noch nicht ganz 
besiegt, die unter schwächeren Regenten bald wieder kühnere Einfälle 
und Räubereien wagten: dies waren die Ungarn, welche gewöhnlich 
Hunnen genannt wurden, und Wenden oder Slaven, jenseit der Elbe 
und Oder in Mecklenburg, Pommern, Preußen und Polen. — Dieses 
so von innern und äußern Feinden erschütterte Reich regierte ums 
900 Jahr 900 ein Kind, Ludwig. Er starb 911 achtzehn Jahr alt; und 
Deutschland wäre jetzt wahrscheinlich in lauter kleine Staaten zerfallen, 
hätten sich nicht die Franken und Sachsen, aus Furcht vor den Ungarn 
und Wenden, mit einander vereiniget und einen König als Oberhaupt 
des Reiches gewählt. Sie wählten den alten Herzog der Sachsen, 
Otto. Dieser aber lehnte die angetragene Würde seines Alters wegen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.