fullscreen: (Achtes und neuntes Schuljahr) (Teil 4 für Kl. 2 u. 1)

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daß meine Tugend offenbar werde!" „Gut denn," meinte der gerecht 
denkende ftönig, befahl die Anordnung des Kampfes und reichte Elsa 
gütig die Hand, sie zum Sitze an seiner Seite hinanzuführen; denn er 
glaubte ihrem tiefen Schmerze. 
Nun trat der Herold mit seinen vier Fanfarenbläsern vor, um 
den Ruf nach dem unbekannten Ritter ertönen zu lassen, der sein gutes 
Schwert für die bedrängte Fürstin ziehen und ihre Reinheit wider ihre 
Verleumder schirmen wollte. Immer, wenn die Trompeter ihre Signal¬ 
rufe nach den vier Himmelsrichtungen hinausgeblasen halten, rief der 
Herold, seinen goldnen Stab dreimal am Boden aufstoßend, mit 
erhobener und weithin vernehmbarer Stimme: ,,Wer hier zu streiten 
kam für Elsa von Brabant, der trete vor — der trete vor!" Schon 
zweimal war dieser Ruf erklungen, ohne daß sich jemand aus der um¬ 
stehenden Menge meldete, noch einer irgendwie Miene machte, der Jung¬ 
frau beizuspringen. Schon war Elsa mit ihren Frauen, alle inbrünstig 
betend, auf die Knie niedergesunken; schon blickten der Graf Telramund 
und seine schlimme Frau voll hämischen Triumphes im Kreise umher; 
schon gaben auch die Umstehenden, ja der edle König selbst, der Elsa 
doch so gern geholfen hätte, ihre Sache verloren. Allein der laute, 
deutliche Ruf war durch die klare Luft auch nach der fernen, fernen 
Gralsburg gedrungen. Und da — beim dritten Male, als alle Hoffnung 
schon gesunken war und das Volk bereits anfing, dumpf zu murren: 
„In diesem Schweigen richtet Gott — Elsa ist am Ende doch die 
Schuldige!" — da rief es plötzlich in den hintersten Reihen: „Ein 
Wunder, ein unbegreiflich hohes Wunder! Seht nur auf den Fluß 
hinaus!" Sofort blickte alles dorthin. Und siehe da, auf dem Strome, 
noch in weiter Ferne, aber näher und näher kommend, gewahrte man 
— von einem Schwan an einem goldnen Kettchen mit dem Schnabel 
gezogen — einen prächtigen Kahn, in dem stand aufrecht ein statt¬ 
licher, schöner Ritter in Silberrüstung mit einem strahlenden Helm auf 
dem blonden Lockenhaupt. Immer mehr näherte er sich in langsamer, 
feierlicher Fahrt dem Ufer, wo die Leute dicht schon standen und sein 
Landen erstaunt erwarteten. Und als er jetzt, nachdem er angelegt, aus 
dem Rachen stieg, streichelte er den Hals seines braven Tieres, gab 
ihm Zucker in feinen roten Schnabel und liebkoste es, indem er es 
innig ansang: „Leb' wohl, mein lieber, guter Schwan! Kehr' du nun 
wieder durch die Wasserflut zu unsrer glücklichen Heimat zurück und 
grüß' mir den Vater und die lieben Brüder alle! Ich will derweilen
	        
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