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fort. Die römischen Großen erliegen mit Pompejus und werden von den
Kaisern (Tiberius) vollends unterdrückt, und der deutsche Adel wird an den
Höfen der absoluten Monarchen ruinirt.
VI. Alfred der Große und Gustav Wala, die neueren
Odysteule.
1. Seefahrt und Verkehr mit Fremden machen vorsichtig, klug und
verschlagen. Wenn diese Eigenschaften zum Guten und nicht zum Dienste der
Lüsternheit und Selbstsucht verwendet werden, so können sie Wunder wirken.
2. Alfred und Gustav Wasa wetteifern an List und Verstellungskunst
mit dem Odysseus: auch in ihren Thaten und Verhältnissen sind sie
einander ähnlich.
3. Beide haben ein von Ausländern, und zwar von Dänen, unter¬
drücktes Vaterland zu retten.
4. Beide kommen in die Gewalt der Feinde, müssen sich in Verkleidung
durch Flucht retten, schleichen sich unerkannt wieder ein bei den Ihrigen,
verschaffen sich allmählich Anhang durch geheime Unterhandlungen, über¬
raschen sodann die sicher gewordenen Feinde, und gewinnen durch Sieg den
Thron. Alfred schleicht sich auch, wie Odysseus, unerkannt in das Lager
der Feinde.
5. Dann heben sie ihr Volk durch kluge Einrichtungen, geben heilsame
Gesetze, befördern Handel und Gewerbe, Unterricht und Bildung, und sichern
dabei auch die Unabhängigkeit von außen.
6. Beide leiten ihr Volk zu einer neuen Religion hinüber. Alfred
bekehrt die zurückgebliebenen Dänen zum Christenthum, Gustav Wasa führt
den Protestantismus ein.
7. Beide werden in einer ziemlich langen und glücklichen Regierung
die Gründer neuer Staaten, gleich den mythischen Helden Romulus, Theseus,
Kadmos oder Amphion u. s. w.
vii. Maria Stuart und Antonius.
1. Nicht in allen Stücken, aber in Bezug auf ihre Sitten und ihr
Verhältniß zu ihren Nebenbuhlern oder Mitregenten, gleichen sie sich.
Gleiche Sitten aber werden unter gleichen Verhältnissen inimer auch die
nämlichen Früchte ernten.
2. Antonius, Herr der östlicken Welt, zu deren Hauptstadt er
Alexandria machen will, mit der Aussicht, Alleinherrscher des ganzen Reiches
zu werden. Maria, Königin von Schottland, mit den erklärten Ansprüchen
auf den englischen Thron, und alle Katholiken mit Frankreich und dem
Papste hängen an ihr.
3. Antonius, hochbegabt, „von schöner, edler und kräftiger Gestalt,
voll Witz, voll geistiger Beweglichkeit, von schwungvoller Rede und von an¬
ziehendem, liebenswürdigem Wesen". Weber, allgem. Weltgesch. III. p. 907.
Maria mit allen weiblichen Reizen ausgestattet, sammt hoher geistiger
Begabung und Bildung, Sonetten-Dichterin u. s. w.
4. Beide Sclaven ihrer Lüste, in denen sie tiefer und tiefer sinken
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