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B. Zur Länderkunde.
Liebesgaben. Und sie kamen; kamen in endlosen Reihen. Voran wandelte eine
Milchkuh, deren Kalb nebenher getragen wurde. Sie bedeutete die größte Ehrung,
die mir widerfahren konnte. Dieser folgten zehn Rinder mit kapitalen Hörnern als
Schlachtvieh und dann eine nicht endenwollende Herde von Ziegen. Trupp folgte
auf Trupp, immer ueue Mengen wälzten sich heran und überschwemmten das
Lager. Es folgte eine endlos lange Kette schwer tragender Wahntn, die Hunderte
von Lasten, bestehend aus Mehl, Milch und Honig, Butter, Bohnen und Bananen,
schleppten. Ihnen folgten andere Züge mit dem hier seltenen und daher besonders
wertvollen Brennholz. Alle diese Schätze wurden im Lager ausgestapelt, das Vieh
aber in eine Umzäunung getrieben und von einer Askaripatronille bewacht. Die
Dauer des Vorbeizuges währte fast eine Stunde. Selbst Grawert erklärte, trotz seines
langen Aufenthaltes hier niemals ein ähnlich imposantes Schauspiel erlebt zu haben.
Nachdem also der große Moment ohne die gefürchtete Ablehnung vorüberge-
gangen war, atmete man auf im Parteilager des Mfinga. Dann hatte der Besuch
seiu Ende erreicht, und nach feierlicher Verabschiedung bestieg der Herrscher wieder
seine Sänfte und schwebte davon. Ein Wald von 5000 Speeren folgte ihm. Ein
unvergeßlicher Eindruck.
17. Die physikalischen Grundbedingungen südwestafrikanischen
Lebens.
Von Leonhard Schultze. („H.Meyer, Das Deutsche Kolonialreich". II. Band.
Leipzig und Wien 1910, Bibliographisches Institut.)
1. Das Relief Südwestafrikas läßt sich nur als Glied im Gesamt-
bau der südafrikanischen Landmassen verstehen. Die Wasserscheide des Kongo-
und des Sambesi-Systems, die ostwestlich über das Hochland von Angola läuft, bildet
die Nordgrenze Südafrikas; sie zieht westwärts in regellosem Zickzack zum Altan-
tischen Ozean; ostwärts mag die Grenze von den Mafnlwebergen (uuweit des äußer-
steu Südzipfels des Kongostaates) zur Mündung des Loangwe in den Sambesi uud
von da dem Unterlauf des Stromes entlang zum Judischen Ozean geführt werdeu.
In dieser Begrenzung stellt Südafrika ein annähernd dreieckiges Plateau, ein hoch
aufstrebendes Tafelland dar. Die beiden im Nadelkap konvergierenden Flanken steigen
steil aus dem Meer; die Oberfläche des Plateaus ist nicht eben: seine Randpartien
sind erhöht, das zentrale Gebiet beckensörmig eingesenkt.
a) Diese Rohform der Gesamtübersicht gliedert sich im einzelnen mannigfach.
Uber die Steilflanken führt der Aufstieg hier über Stufen uud Brüche Verhältnis-
mäßig wenig verworfener Schichten (Natal, Kassraria), dort über wirre Gebügs-
falten (Südkapland) hinweg; bald lagert sich ein ansehnliches Küstenflachland vor
(Portugiesisch-Ostafrika südlich des Sambesi), bald hebt sich das Land direkt aus dem
Meer (Cape point). Dem Aufstieg schließt sich das Hochgebiet an, in einzelne Hoch-
länder gegliedert, wechselnd breit, gegen die oberen Partien des Aufstiegs oft nur
willkürlich oder nach rein lokalen Gesichtspunkten abzugrenzen. Diese Hochländer,
die zu den höchsten Erhebungen ansteigen (Malutiberge im Basutolaud 3600 m),
treten uns bald als große endlose Hochflächen (so die des ehemaligen Oranje-Frei-
staats), bald in der charakteristischen Form des Tafelgebirges (Groß-Namaland und