16 Erster Zeitraum. Von der ältesten Zeit bis zur Gründung des Frankenreiches.
Das Mittelalter (375—1517).
Das Mittelalter beginnt mit der großen Völkerwanderung unb reicht bis
zum Auftreten Martin Luthers -. An Stelle der Römer haben die Germanen
die führende Rolle. Während der Völkerwanderung schlagen sie das west¬
römische Reich in Trümmer. Zu derselben Zeit, wo dieses den Todesstoß er¬
hält (476), erhebt sich aus dem Boden des römischen Galliens der Staat der
Franken, der allmählich einen großen Teil des weströmischen Reiches und
sämtliche Germanen des europäischen Festlandes zu einem Ganzen zusammen¬
faßt. Durch die Auflösung desselben in seine nationalen Bestandteile entsteht
dann das deutsche Reich (843). Dieses erringt die erste Stelle unter
den Staaten des Abendlandes und behauptet sich darin bis gegen das
Ende des Mittelalters.
6. Die Völkerwanderung bis zur Gründung des fräukischen Reiches
(375—481).
An der großen Wanderung in das römische Reich beteiligten sich fast alle
germanischen Stämme2. Während aber die O st g er matten ihre Heimat ganz
ausgaben, schoben die Westgermanen ihre Wohnsitze nur vor (S. 14). Jene
gründeten in den fernen Mittelmeerländern neue Staaten, die nach und
nach untergingen und zum Teil feine Spur ihres Daseins zurückließen; diese
hielten die Verbindung mit dem heimatlichen Boden aufrecht und
fanden sich schließlich alle in dem zukunftreichen fränkischen Staate zusammen.
Die Völkerwanderung beginnt nach der gewöhnlichen Annahme mit dem
Einbruch ber Hunnen in Europa (375). Die letzte große Wanberung
war bie ber 2 an go bar ben nach Italien (568). Das entscheibenbe Ereignis
währenb bieser gewaltigen Umwälzung Europas ist für bie beutsche Geschichte
die Grünbung bes fränkischen Reiches burch Chlobwig (481).
I. Der erste Einbruch der Hunnen und die Gründung germanischer
Staaten in den westlichen Provinzen des Römerreiches (375—451).
1. Ter Einbruch der Hunnen und die Wanderung der Westgoten
bis zur Gründung des Westgotenreiches in Südgallien.
1 Als Ausgangspunkt für bie Geschichte des Mittelalters nimmt man auch
wohl das Ende des weströmischen Reiches (476), als Endpunkt die Entdeckung
Amerikas (1492).
2 „Nicht kleine Häuflein, die lediglich aus Kriegern bestanden, sondern wirklich
ganze Völker mit Weibern und Kindern, Greisen und Kranken, Freigelassenen,
Knechten und Mägden, mit Rossen und Rindern, mit Schaf- und Schweineherden,
mit zahllosen Wagen sind es, welche wir fechtend und ruhend, umherziehend
und dann wieder jahrelang seßhaft in jenen Wanderzügen vor uns haben"
(F. Dahn).