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Kind behüten wolle; zielte und schoß glücklich ohne Schaden den Apfel
von des Kindes Haupt. Da sprach der Herr, das wäre ein Meister¬
schuß: „Aber eins wirst du mir sagen; was bedeutet, daß du den ersten
Pfeil hinten ins Göller stießest?" Tell sprach: „Das ist so Schützen-
gewohnheit." Der Landvogt ließ aber nicht ab und wollte die Wahr¬
heit hören. Zuletzt sagte Tell, der sich fürchtete, wenn er die Wahrheit
offenbarte: wenn er ihm das Leben sicherte, wolle er's sagen. Als
das der Landvogt getan, sprach Tell: „Nun wohl! Sintemal Ihr mich
des Lebens gesichert habt, will ich die Wahrheit sagen." Dann fuhr
er fort: „Ich hab' es darum getan: hätte ich des Apfels gefehlt
und mein Kindlein getroffen, so wollte ich Euer mit dem andern Pfeil
nicht gefehlt haben." Da das der Landvogt vernahm, sprach er: „Dein
Leben ist dir zwar zugesagt, aber an einen Ort will ich dich legen, da
dich Sonne und Mond nimmer bescheinen;" ließ ihn fangen und binden
und in denselben Nachen legen, auf dem er wieder nach Schwyz schiffen
wollte. Wie sie nun auf dem See fuhren und bis gen Aren hinaus¬
gekommen waren, überfiel sie ein grausam starker Wind, daß das Schiff
schwankte und sie elend zu verderben meinten; denn keiner wußte mehr,
das Fahrzeug vor den Wellen zu steuern. Da sprach einer der Knechte
zum Landvogt: „Herr, hießet Ihr den Tell losbinden, der ist ein starker,
mächtiger Mann und versteht sich wohl auf das Wetter: so möchten
wir wohl aus der Not entrinnen." Sprach der Herr und rief dem
Tell: „Willst du uns helfen und dein Bestes tun, daß wir von hinnen
kommen? so will ich dich heißen aufbinden." Da sprach der Tell: „Ja,
gnädiger Herr, ich will's gerne tun und getraue mir's." Da ward Tell
aufgebunden und stand an dem Steuer und fuhr redlich dahin; doch
lugte er allenthalben auf seinen Vorteil und auf seine Armbrust,
die nah bei ihm am Boden lag. Da er nun kam gegen eine große
Platte — die man seither stets genannt hat „des Tellen Platte" und
noch heutzutag also nennt — deucht es ihm, Zeit zu sein, daß er
entrinnen konnte; er rief allen munter zu, fest anzuziehen, bis sie an
die Platte kämen, denn wann sie davor kämen, hätten sie das Böseste
überwunden. Also zogen sie der Platte nah, da schwang er mit Gewalt,
als er denn ein mächtig stark Mann war, den Nachen, griff seine Arm¬
brust und tat einen Sprung auf die Platte, stieß das Schiff von ihm
und ließ es schweben und schwanken aus dem See. Er lief durch Schwyz
schattenhalb (im dunkeln Gebirg), bis daß er kam gen Küßnacht in die
hohle Gassen; da war er vor dem Herrn hingekommen und wartete