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75. Born Kranich nnd vom Wolfe.
Martin Luther.
Als einst der Wolf ein Schaf zu gierig fraß, blieb ihm ein Knochen
im Halse stecken. In seiner Not und Angst erbot er sich, dem großen
Lohn zu geben, der ihm helfen würde.
Da kam der Kranich, stieß seinen langen Schnabel dem Wolfe
in den Rachen und zog den Knochen heraus. — Als er aber den
berheißenen Lohn forderte, sprach der Wolf: „Willst du noch Lohn
haben? Danke du Gott, daß du lebendig aus meinem Rachen
gekommen bist."
76. Trau, schau, wem?
8eba8tiai> Frank.
Ein Fuchs verkündete den Hühnern und Hähnen, die auf einem
Baume saßen, einen ewigen Frieden, der wäre angestellt mit allen
Tieren, also daß fürderhin Wolf und Schaf, Fuchs und Hühner ewige
Freundschaft und Bündnis miteinander haben sollten. — Damit hätte
er gern die Hennen vom Baume geschwätzt. — Aber der Hahn sagte:
„Das höre ich gern!" — und reckte dabei den Kopf auf. Der Fuchs
fragte: „Was siehst du?" Der Hahn antwortete: „Ich sehe einen
Jäger mit Hunden von ferne." Da sprach der Fuchs: „Nun bleibe
ich nicht." Der Hahn antwortete: „Harre; nur wollen auch zu dir
hinab, wenn wir sehen, daß die Hunde mit dir Frieden haben." Der
Fuchs antwortete: „Ei, er möchte ihnen noch nicht, verkündet sein; ich
eile davon!"
Zweite Abteilung.
I.
Bilder aus der Batur.
77. Der Affe.
Nach Curtman, Walter u. a.
Unter allen Tieren steht dem Menschen körperlich der Affe am
nächsten; ob auch geistig, muß bezweifelt werden. Denn alle edleren
Eigenschaften, welche man bei andern Tieren bemerkt, scheinen gerade
dem Affen zu fehlen. Er ist zornig, tückisch, launenhaft, undankbar,
frech, rachsüchtig und besitzt fast nicht eine Tugend, wodurch er sich