Full text: Physische Geographie (Teil 5)

Die Wasserhülle (Hydrosphäre). 
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1. Die Wellen. Die Wellenbewegung entsteht durch den Druck des Windes 
auf die Oberfläche des Wassers. Eigentümlich ist dabei, daß die Wasserteilchen 
sich wesentlich nur auf und ab bewegen, aber nicht seitwärts fortschreiten. 
Die Wasserteilchen beschreiben Kreise oder Ellipsen um ihre Ruhelage, nur 
die Bewegungsform Pflanzt sich fort. Von dieser Art der Bewegung überzeugt 
schon ein einfacher Versuch. Wirft man einen Stein in einen Teich, ans dessen 
Oberfläche Blätter schwimmen, so sieht man letztere wohl sich heben und senken, 
aber ihren Ort verändern sie nicht. — Bei der Welle unterscheidet man Wellen- 
tal und Wellenberg. Der senkrechte Abstand ihrer äußersten Punkte ist die 
Höhe der Welle. Diese erreicht auf hoher See nur in seltenen Fällen über 10 in; 
doch ist durch einzelne Messungen bezeugt, daß Wellenhöhen von 13, ja von 15 in 
wirklich vorkommen. Die früheren Erzählungen von türm- und berghohen Wellen 
sind indes für alle Fälle stark übertrieben. Die Länge der Wellen, d. i. der Ab- 
stand von Wellenkamm zu Wellenkamm, beträgt bei heftigen Winden bis zu 250 in, 
selten mehr als 400 in. — Die Geschwindigkeit der Wellen schwankt zwischen 
7,5 und 24 in in der Sekunde; letzterer Wert, 86 km in der Stunde, entspricht der 
Geschwindigkeit eines Schnellzuges auf freier Strecke. — 
Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellen ist in allen 
Fällen kleiner als die Windgeschwindigkeit (Dr. Schott). 
2. Flut und Ebbe (Gezeiten, Tiden). Man versteht 
darunter das regelmäßige, zweimal des Tages (genauer 
in 24 Stunden 50 Minuten) eintretende Anschwellen und 
Zurückweichen des Meeres. 
a) Die Ursache dieser Erscheinung ist vorzugsweise 
die Anziehungskrast unseres nächsten Weltkörpers, des 
Mondes, zum geringeren Teil der zwar viel größeren, 
aber ungefähr 400mal weiter von der Erde entfernten 
Sonne. Die fluterzeugende Kraft des Mondes ist ungefähr 
2VzMal größer als die der Sonne. 
b) Erklärung der Erscheinung. Es sei N der 
Mond und ABCD die Erde, die wir uns ganz mit Wasser 
bedeckt denken wollen. Die Erdstelle A, weil dem Monde 
näher als der Mittelpunkt 0, wird stärker angezogen als 
dieser, sobald der Mond über A seinen höchsten Stand er- 
reicht. Es entsteht daher infolge der leichten Verschiebbar- 
keit der Wasserteilchen eine Flutwelle in Ax. Die Erdstelle 
B ist am weitesten vom Monde entfernt und wird deshalb 
am geringsten angezogen, jedenfalls in geringerem Grade 
als der Mittelpunkt 0. Die Wassermassen folgen daher bei B der Zentri¬ 
fugalkraft und erzeugen hier eine zweite Flutwelle Bv Dagegen ist 
aus den von der beiderseitigen Welle um 90 Längengrade entfernten Meridianen 
Ebbe, weil von dort die Wasserteilchen nach den Flntseiten abgelenkt werden; es 
geht also in 0 das Wasser nach Cx zurück und ebenso in D nach Dx. 
c) Springfluten, taube Fluten. Die Gezeiten wirken jeden Monat 
zweimal, zur Zeit des Voll- und Neumondes, am stärksten (Springfluten) und 
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