IV. Grundzüge der Handelsgeographie und Verkehrswege.
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IV. Grundzüge der Handelsgeographie und
Verkehrswege.
A. Aufgabe und Art des Handelsverkehrs.
Die Erde ist durch die jeweilige Gleichheit der Naturbedingungen oder durch
staatliche und Zollgrenzen in eine Anzahl von Wirtschaftsgebieten gegliedert;
aber keins von ihnen ist imstande, alle seine Bedürfnisse selbst zu befriedigen.
Es müssen sich vielmehr alle nach Gebieten umsehen, in denen sie das verwerten
können, was ihnen die Natur oder die besondere Handelslage im Überflusse
zu erzeugen gestattet, um dafür das einzutauschen, was ihnen die Natur oder
ihr eigener Gewerbfleiß versagt. Den Austausch der Wirtschaftsgebiete zu
vermitteln ist die Sache des Handels. Dieser entwickelt sich vom Binnen-
Handel, der den Austausch von Waren zwischen den einzelnen Teilen des-
selben Landes bewirkt, zum Außenhandel, der die Grenzen des Staates
überschreitet und sich vermöge der neuzeitlichen Entwicklung aller Verkehrs-
mittel zum Welthandel ausgestaltet hat. Letzterer vermittelt den Austausch
der Güter zwischen den fünf Erdteilen und macht die Erde zu einem einzigen
großen Wirtschaftsgebiete, dessen Länder durch Angebot und Nachfrage, durch
Produktion (Erzeugung) und Konsumtion (Verbrauch) in enger Wechsel-
beziehnng stehen. Jede Schwankung in der Menge oder dem Preise eines
wichtigen Handelsartikels in einem Gebiete zieht die meisten andern Länder
in Mitleidenschast und ruft auch dort Preisänderungen oder eine verstärkte
oder verminderte Produktion hervor.
Für die Beförderung der leichteren, hochwertigeren, namentlich der lebenden
und schnell verderbenden Gegenstände, also z. B. Seidenstoffe, Edelmetalle,
Geld, Eier, Vieh, und für den Ortswechsel der Menschen sorgt der Schnell-
verkehr durch Eisenbahnen und Dampfer. Dem Massenverkehr sällt die
Beförderung der Massengüter zu, bei denen es nicht auf Eile, sondern auf
Billigkeit des Transports ankommt, also z. B. Steinkohlen, Rohmetalle, Holz,
Korn, Wolle. Dies besorgen außer den Fuhrwerken der Landstraßen, die nur
für den Nahverkehr in Betracht kommen, vorzugsweise die Segelschiffe, die
Schleppschiffahrt und die Flößerei auf Kanälen und Strömen.
B. Welthandelsgüter.
a) Mineralien.
Unter den Mineralien, die von bedeutendstem Einflüsse auf Gewerbe und
Handel geworden sind, stehen Steinkohlen und Eisen obenan. Auf diesen
beiden beruht größtenteils die heutige Kultur mit Dampfmaschinen, Elektrizität,
Leuchtgas, ja selbst der Ackerbau hat durch sie in der Neuzeit vielfach eine
Umgestaltung erfahren.
Die meisten Kohlen fördern die Industriestaaten, vor allen die Union,
Großbritannien und Deutschland. Die größten Kohlenlager der Erde finden
sich in der Union und hauptsächlich in China.
Für die Gewinnung von Roheisen kommen fast dieselben Länder in
Betracht wie für die Kohlengewinnung. Wieder behauptet die Union den ersten
Rang. Dann aber folgt sofort Deutschland und an dritter Stelle England.