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thu mir den Gefallen und wirf deinen ganzen Plunder auf die Straße,
daß sich die Jungen daran freuen, du sollst es fortan nicht mehr nötig
haben, hier in Sturm und Unwetter zu sitzen. Heißa! Das Glück ist
bei mir eingekehrt, wundervoll und unverhofft! Vierzig Jahre habe
ich diesem Glücke auf allen Meeren und in aällen Zonen nachgejagt, es
wandte mir überall den Rücken, sieh, da find' ich es plötzlich in der
Heimal an dem Grabe meines Vaters. — Es war eine bittre, trübe
Empfindung, als ich das Grab meines Vaters erblickte, so einsam, so
wüst und so zerfallen! Ach, ich war von dem guten Vater ausgezogen
mit stolzen Hoffnungen. Reich wollte ich wiederkehren und sein im
Alter pflegen. Es war aber alles anders gekommen, er ruhte in der
Erde, und ich war ärmer zurückgekehrt als ich ausgegangen war. Da
hob ich das Bild des Großvaters, für das ich dir meinen letzten Thaler
gegeben, in die Höhe, um mich wenigstens an den gutmütigen Zügen
zu erfreuen, die mich wilden Buben so oft angelächelt hatten. Aber
unter meiner derben Faust, die Sonnenbrand, Eiseskälte und schwere
Arbeit abgehärtet hat, brach der morsche Rahmen zusammen, und —
aus der Rucfeite des Bildes sielen englische Staatspapiere heraus, deren
Wert sich durch die Jahre und durch den fortlaufenden Zins verdoppelt
hat. Der Großvater, der in seinen letzten Lebenstagen ängstlicher um
Hab und Gut geworden war, hatte wahrscheinlich dort alle seine Schätze
verborgen, ohne bei seinem schnellen Tode meinem Vater darüber Nach⸗
richt geben zu können. In einem einzigen Augenblicke bin ich nun ein
reihher Mann geworden! Jene Papiere sind mein rechtmäßiges Eigen⸗
tum; denn bei diesem Schatze lag sogleich ein Testamenti), das mich
im Falle des Ablebens meines Vaters zum Erben des Großvaters
ernennt. Jetzt kauf' ich unser Haus in der Langgasse zurück, und in
dem Pruntsaale soll wieder wie in früheren Zeiten das Bildnis des
Großvaters hängen. Mit meinem braven Vater kann ich nun freilich
den Reichtum nicht teilen, wohl aber mit dir, du wackres Mütterlein,
das Gon ertoren hatte, so lange meinen Schatz zu hüten. Komm mit
mir, du sollst bei Jürge Braun gute Tage haben!“
So geschah es auch. Mutter Else zog zu Jürge Braun, den man
nun, wie einstmals seinen Großvater, nur den reichen Braun nannte,
und sie führte ihm die Wirtschaft.
Jürge Braͤun hat aber auch sonst noch Wort gehalten, denn Else
hatte bei ihm fürwahr gute Taͤge. Er sorgte für sie wie für seine
Muiter und betrachtete sich stets als ihren größten Schuldner.
Beide ruhen nun längst in Frieden. Jürge Braun aber hat all
sein Hab und Gut, was er in dieser Welt zurüclassen mußte, dem
Sopitd demacht in welchem einst sein Vater verstorben war.
2 Das Testament, die letztwillige Verfügung die schriftliche Erklärung
enschen darüber, wie es nach seinem Tode mi seinem Vermögen gehalten
werden soll.