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Ständevertreter. Jeder unbescholtene Preuße, der sein 24. Lebensjahr-
vollendet hat, im Vollbesitze seiner bürgerlichen Rechte ist und keine
Armenunterstützung bezieht, wird als Urwähler in die Wählerliste ein¬
getragen. Die Urwähler werden nach den Staatssteuern, die sie ent¬
richten, in drei Klassen geteilt. Jede Abteilung wählt besonders ihre
eigenen Wahlmänner. Diese wählen dann die Abgeordneten öffentlich.
Zum Abgeordneten kann jeder unbescholtene Preuße gewählt werden, der das
30. Lebensjahr vollendet hat. Die Abgeordneten erhalten aus der
Staatskasse Reisekosten und Tagegelder. Die Sitzungen beider Häuser
sind öffentlich. Die Mitglieder stimmen nach ihrer freien Überzeugung
und können sür ihre Abstimmung nicht zur Rechenschaft gezogen werden.
Beschlußfähig ist das Haus, wenn die Mehrheit anwesend ist.
Die Rechte der Preußen sind ebenfalls genau geregelt. Alle
Preußen sind vor dem Gesetze gleich. Standesvorrechte giebt es nicht
mehr. Die persönliche Freiheit ist gewährleistet, jodaß jemand nur nach
Maßgabe der Gesetze verhaftet werden kann. Die Wohnung ist unver¬
letzlich, sodaß die Polizei nicht willkürlich in dieselbe eindringen darf.
Das Eigentum ist uuerletzlich, sodaß dasselbe nicht ohne richterliches Er¬
kenntnis weggenommen werden darf. Die Glaubens- und Gewissens¬
freiheit wird gewährleistet. Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort.
Schrift und Druck seine Meinung frei zu äußern. Das Briefgeheimnis
ist unverletzlich. Jeder Preuße hat Anspruch auf die Bildung, welche
die Volksschule gewährt. Jeder Preuße ist wehrpflichtig.
e. Die vollziehende Gewalt steht dem Könige allein zu. Die
Verwaltungsbehörden sind teils Staats-, teils Gemeindebehörden.
Die oberste Staatsbehörde ist das Staatsministerium. Dieses besteht
aus folgenden Abteilungen:
Das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten leitet
die Gesandtschaften und nimmt überhaupt alles wahr, was Preußens
Stellung zu den andern Staaten anbetrifft.
Das Finanzministerium verwaltet die Einnahmen und Ausgaben
des Staates und stellt den Haushaltplan des Staates zusammen.
Das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und
Medizinalangelegenheiten leitet das Kirchen-, Schul- und
Gesundheitswesen.
Das Ministerium für Handel und Gewerbe sucht diese Er¬
werbszweige zu fördern.
Das Ministerium der öffentlichen Arbeiten verwaltet das
Berg-, Hütten- und Saliuenwefen, die Staatseisenbahnen und das Bau¬
wesen und führt die Aufsicht über sämtliche Privatbahnen.
Das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und
Forsten sucht sowohl den königlichen als auch den bürgerlichen Acker-
und Waldbau zu fördern.
Das Justizministerium pflegt das gesamte Rechtswesen.