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In der Michaeliskirche ist das Grab Hermann Billuugs, und auf
dem Grabstein findest du die Worte:
„Hermann Billich bin ich genannt,
Dem Römischen Reiche wohl bekannt,
Ein Edelmann ans Stübeckshorn
War von schlechtem Stamm gebor'n."
Das benachbarte Kloster Lüne stammt schon aus sehr alter Zeit.
Die Glasmalerei und überwölbten Kreuzgänge in demselben sind sehenswert.
Eine Stunde stromabwärts von Lüneburg liefert uns der Flecken
Bardowiek den Beweis von der Vergänglichkeit alles Irdischen und
sührt uns damit zurück in längst vergangene Tage.
Als Hamburg noch ein Fischerdorf war, und Lüneburg'eine nur
unbedeutende Einwohnerzahl hatte, war Bardowiek die bedeutendste
Handelsstadt in Norddeutfchlaud, und schon Karl der Große errichtete
hier einen Grenzzoll gegen die Wenden. Heinrich der Löwe, dieser
mächtige Sachsenherzog, hatte Bardowiek zur Hauptstadt seines Reiches
im Norden bestimmt, wie München für den Süden. Sein kaiserlicher
Vetter, Friedrich Barbarossa, erklärte ihn aber seiner Länder verlustig
und verbannte ihn aus drei Jahre in das Ausland, weil er seinem
Rufe, an einem Kriegszuge gegen Italien teilzunehmen, nicht Folge
geleistet hatte. Nachdem Heinrich im Jahre 1189 aus der Verbannung
von England zurückgekehrt war und in Bardowieks Mauern rasten
wollte, verschloß die Stadt ihm höhnend ihre Thore. Darüber sehr
entrüstet, bestürmte der Herzog die übermütige Stadt und zerstörte sie,
die damals ueun Kirchen hatte, bis aus den Dom, an welchem er zur
Warnung einen noch jetzt vorhandenen hölzernen Löwen anbringen
ließ und darunter die Inschrift Vestigia leonis. d. i. die Spur des
Löwen. Aber nur durch einen Zusall war Bardowiek in die Hände
seines Feindes gekommen. Ein Stier, welcher auf den Wiesen der
Ilmenau weidete, watete nämlich, als Heinrichs Krieger ihn fangen
wollten, durch den Fluß. Verwundert sahen seine Verfolger, daß das
Wasser an dieser Stelle sehr flach sei, solgten ihm zu Fuß und zu
Roß und überrumpelten die Wächter, welche die Stadt von dieser
Seite für vollständig uneinnehmbar hielten. Da, wo einst die stolzen
Gebäude reicher Kaufherren standen, bauen jetzt fleißige Gartenleute
Gemüse und Sämereien.
Einige Stunden unterhalb Bardowieks tritt die Ilmenau in die
Elbmarschen ein und fließt dann in die Elbe.
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