fullscreen: [Teil 3 = Kl. 6] (Teil 3 = Kl. 6)

Staub herausschwirrte. Da flog auch das Samenkörnchen in die 
Luft, und weil Tür und Fenster offenstanden, so fuhr es rasch 
und immer rascher zum Fenster hinaus — wieder in die weite 
Welt hinein. 
O wie schön war es draußen! Alle Gärten voll Blumen, alle 
Fenster voll Blumen, alle Bäume, alle Kleider und alle Sonnen¬ 
schirme voll Blumen! — Sieh, da kam gerade ein hübscher Sonnen¬ 
schirm, schön zum Ausruhen und Ausfahren für kleine Samen¬ 
körnchen. Und unser Samenkörnchen setzte sich hinauf, und die 
Dame, die darunterging, merkte nicht, daß sich oben jemand 
hinausgesetzt hatte. Sie fühlte auch nicht, daß der Schirm schwerer 
geworden war — sie machte ein fröhliches Gesicht und summte 
ein Liedchen vor sich hin. Unser Körnchen hielt sich recht fest, 
als die Dame in die Elektrische stieg und dabei den Sonnenschirm 
herunterklappte. Es wollte doch nicht auf den Fußboden des 
Wagens fallen und dort zwischen den Holzleisten im Staub und 
Sand liegen bleiben, bis, bis — ja bis der Wagen einmal ausgefegt 
wurde; es wollte sich ja die weite Welt besehen. Aber nun wurde 
die Wagentür aufgerissen, und herein stürmte eine große Schar 
von Mädchen, alle weißgekleidet, mit gelben Schuhen, mit Körbchen 
und Schirmen. „Guten Morgen, Fräulein, guten Morgen, Fräulein!“ 
riefen sie und schüttelten der Dame die Hand. „O, was für nette 
Kinder,“ dachte unser Körnchen und hängte sich geschwind dem 
Blondlöckchen, das gerade an dem Fräulein vorbeihüpfte, an die 
große rosa Schärpe. Und dann fuhr die ganze, lustige, schwatzende 
Gesellschaft mit den glücklichsten Gesichtern nach dem Bahnhof. 
Draußen auf dem Lande hat sich das Samenkörnchen wieder 
befreit. Wie stürmten die Mädchen über die Weide, um den dicken 
Ball zu kriegen! Fräulein mußte sogar schelten; dem einen Mädchen 
war im wilden Spiel schon die Schärpe abgerissen — sie mußte 
mit einer Sicherheitsnadel angesteckt werden. Muß man sich da 
wundern, daß unser Samenkörnchen nicht mehr mitmachen 
wollte? Es ließ sich herab und kam glücklich zwischen gelben 
und weißen Blümchen auf der Erde an. — Der Regen hat es 
nachmals ganz in das dicke Wurzelgeflecht des Rasens hinein¬ 
gespült. Dort hat es gekeimt und ist gewachsen. — Im nächsten 
Jahre pflückte sich dort, ganz genau an derselben Stelle, ein Junge 
einen dicken, weißen, kugelrunden Wollkopf vom Stengel ab und 
steckte ihn an seinen Strohhut.
	        
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