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So verging Jahr um Jahr, und die Bauersleute vom Ober- 
büscherhofe lebten in Freude und Überfluß bis an ihr Ende. Da 
erhielt der jüngste Sohn die Landwirtschaft. Dieser aber zürnte 
den Waldjungfrauen, weil sie ihn nicht wie seine Geschwister 
mit allerlei Gaben beschenkt hatten. Er zerschlug die Näpfchen 
und Töpfchen, in denen seine Mutter den unsichtbaren Geistern 
Nahrung dargebracht hatte. „Katzen, Vögel und Mäuse", sagte 
er, „haben die Speisen immer weggefressen. Niemand soll diese 
unnützen Tiere hinfort füttern." Die Strafe für die Nichtachtung 
blieb nicht aus. Der junge Bauer arbeitete von früh bis spät. 
Der Acker aber trug wenig Frucht. Mäuse, Schnecken, Engerlinge 
nahmen überhand und vernichteten oft die ganze Ernte. Das 
Vieh in den Ställen wurde von Krankheiten dahingerafft. 
Speicher und Keller leerten sich. Wo früher Wohlstand geherrscht, 
trat Armut ein. Zuletzt mußte der junge Bauer als Bettelmann 
den Oberbüscherhof verlassen. 
17. Der Kleine von Remscheid. 
In Remscheid wohnte vor langer Zeit ein Mann; der war 
so klein, daß die Leute auf der Straße sich nach ihm umguckten. 
Wenn zwei zusammen gingen, so stießen sie wohl einander an 
und sagten: „Sieh mal, da geht ein Zwerg!" Darüber grämte 
sich allemal der kleine Mann und wollte zuletzt gar nicht mehr 
aus dem Hause gehen, nicht einmal Sonntags zur Kirche. Nur 
nachts, wenn die andern Leute schliefen, schlich er sich vors Haus, 
um frische Luft zu schöpfen. Dann wanderte er stundenlang im 
Dunkeln umher und redete sich ein, er sei so groß wie die andern 
Leute. 
Einstmals ging er so durch einen Eichwald und stellte wieder 
traurige Betrachtungen an über seine Kleinheit. Da trat hinter 
einem Steinhaufen ein großer, schwarzer Mann hervor. Zuerst 
erschrak der nächtliche Wanderer. Als der Schwarze ihn aber 
freundlich fragte, warum er so traurig sei, da bekam er Mut und 
erzählte ihm sein Leid. „Ach, wie glücklich wollte ich sein, wenn 
ich groß wäre?" schloß der Kleine und seufzte tief. „Der Wunsch 
kann dir erfüllt werden", meinte der Lange, „aber glaubst du 
denn wirklich, daß du als großer Mann glücklicher würdest?" 
„Ganz gewiß!" rief eifrig der Gefragte, „ich wäre der glücklichste 
Mann in ganz Remscheid." „Nun, so sei dein Wunsch erfüllt!"
	        
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