Full text: Erster Unterricht in der Weltgeschichte für die untern Abtheilungen der Bürger- und Gelehrtenschulen; oder anschauliche Erzählungen und Schilderungen aus der alten und mittlern Geschichte

Peter von Amiens oder der erste Kreuzzug. 169 
Reliquien wurden hoch verehrt, und man schrieb ihnen allerlei 
wunderbare Kräfte zu. 
Die Araber, welche sich im siebenten Jahrhundert Palä¬ 
stinas bemächtigten, störten die Pilgerfahrten nicht; was den 
Christen heilig war, wurde auch von ihnen verehrt. Aber mit 
der Herrschaft der seldschukischen Türken im eilften Jahrhundert 
kamen schlimme Zeiten für das Land. Die Christen in Jeru¬ 
salem, besonders ihre Priester, wurden mißhandelt, ihre Heilig- 
thümer entweiht, die Pilger auf der Reise angefallen, und ohne 
ein Goldstück als Zins zu bezahlen, durfte Keiner Jerusalem be¬ 
suchen. Doch hörten darum die Wallfahrten nicht auf; Gefah¬ 
ren und Mühseligkeiten ließen sie nur um so verdienstlicher er¬ 
scheinen und machten sie zu Bußübungen für ein sündhaftes 
Leben. 
Im Jahre 1093 unternahm Peter eine solche Wallfahrt. 
Er war zu Amiens in der Picardie geboren, von kleiner, unan¬ 
sehnlicher Gestalt und dunkler Gesichtsfarbe; nachdem er einige 
Jahre das Kriegshandwerk getrieben hatte, lebte er als Einsiedler 
in Südfrankreich. Petrus betrat die heilige Stadt, wurde von 
einem Christen gastfreundlich beherbergt, hörte und sah, was die 
Christen bitten, und sprach bewegten Herzens davon zu dem Pa¬ 
triarchen Simeon. Dieser erwiederte: „Du siehst., daß unser 
Volk zu schwach ist, die Mißhandlungen abzuwehren; die Grie¬ 
chen aber vermögen kaum sich selbst zu schirmen. Nur von den 
Völkern des Abendlandes, welche der Herr noch in frischer Kraft 
erhalten hat, mag uns Hülfe werden, wenn sie sich unser erbar¬ 
men wollen." Da versprach ihm Peter, die abendländischen 
Christen zur Eroberung des heiligen Landes und zur Beschützung 
ihrer bedrängten Glaubensgenossen aufzurufen, und erbat sich von 
dem Patriarchen eigenhändige Schreiben an den Pabst und die 
Fürsten. In der Auferstehungskirche warf er sich auf die Kniee 
nieder und flehte Gott um seinen Beistand an. Betend schlief 
er ein. Da erschien ihm im Traume Christus und sprach: „Stehe 
auf, Petrus, eile und vollbringe ohne Zagen, was dir auferleget 
worden; denn es ist Zeit, daß das Heiligthum gereinigt und
	        
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