Full text: Bilder aus dem Gebirge und Berglande von Schlesien und den Ebenen in Posen von der Oder bis zur Weichsel (Bd. 8)

Pan Twardowski. 463 
fehlte es dem reichen Manne nicht. Auf seinem Tische dampften die ausgesnch- 
testen Speisen, die Becher schäumten vom edelsten Wein, Geld besorgte der 
Teufel in gewünschter Menge. 
Der Diener Matthias aber beneidete seinen Herrn um den Reichtum, und 
das mochte Twardowski nicht leiden. Deshalb verwandelte er ihn in eine Spinne, 
die in einer Ecke des Fensters ihre Netze spann und auf Mücken Jagd machte. 
Alles hatte der Meister im Überfluß, aber es fehlte ihm das Weib. Auch 
das Weib sollte er jetzt finden. Ein adliges Fräulein, eine Waise, die schöne 
Agnes, gewann Twardowski lieb; sie war 25 Jahre alt und in der Blüte ihrer 
Schönheit, hochmütig aus ihre Geburt und stolz auf ihr ungewöhnliches Wissen; 
dem Twardowski gegenüber war sie heiter, freundlich und gefühlvoll, sie schätzte 
in ihm den berühmten Gelehrten und Arzt. Er ahnte nicht, daß sie in ihm 
nicht den jungen, hübschen Freier verehrte, daß sie ein kaltes und berechnendes 
Weib war, dem die Äußerlichkeiten des Glückes und die Bewunderung der Menge 
über alles ging. Von dem Zauber ihrer Schönheit war er so berauscht, daß 
seinem durchdringenden Verstand das wahre Wesen des Weibes, an das er seine 
Zukunft zu fesseln entschlossen war, entging. 
Die Liebe Twardowskis zu Agnes wuchs von Tag zu Tag. Wo es ihm 
nur möglich war, suchte er sie zu sehen; er verfolgte sie bis in die Kirche, be- 
gleitete sie auf Spaziergängen und widmete seine ganze Zeit ihrem Dienste. 
Leider wußte er, daß der Pflegevater des Mädchens ihm die Hand der Agnes 
nicht geben würde, weil sie einen reichen Kaufmann heiraten sollte; daß sie ent- 
erbt werden würde, wenn sie sich den Zauberer zum Manne wählen sollte. 
Der Teufel riet deshalb zur Entführung. Twardowski sollte dem jungen 
Mädchen durch einen Brief seine Liebe erklären, ihr eine Zeit zur Entführung 
bestimmen und ihr sagen, er wolle sie in eine entlegene Waldkapelle führen, in 
die er einen Geistlichen bestellt habe zur Vollziehung der Trauung. Der Geist- 
liche aber wollte der Teufel sein. Agnes ging auf den Vorschlag Twardowskis 
ein. An einem Sonntage nach beendigtem Nachmittagsgottesdienste stieg sie in 
einen Wagen des Zauberers, der für sie vor der Kirchthür bereit stand. 
Twardowski ritt zu Pferde der Kutsche nach. Endlich kam man in einen 
dunklen, dichten Wald, der Kutscher hielt die Zügel an, und man stand plötzlich 
vor einer Kapelle, deren Thür offen war. 
Das Brautpaar trat in die Kapelle ein, vor deren Altar mit der Stola 
geziert ein Mönch stand, der des Brautpaares harrte. Die Kapelle war alt, 
düster und verfallen, Feuchtigkeit floß von den Wänden herab, die Fenster 
hatten Wind und Sturm zerschlagen, auf dem Boden lagen Trümmer, an den 
Wänden hingen zersetzte Gemälde. Den Altar bedeckte ein beflecktes Tischtuch, 
zwei tief herabgebrannte Kerzen brannten in zwei elenden Holzleuchtern, ein 
weißes Kreuz fand sich an den Stufen des Altars. Die Trauung wurde aufs 
eiligste vollzogen. Das junge Paar stieg in die Kutsche, und im Fluge ging es 
zurück nach Krakau. Gäste waren geladen zu einem großartigen Mahle, aber 
sie wußten nicht, wem zu Ehren das Fest sein sollte. Alle waren erstaunt, als 
sich die Neuvermählten zeigten; am meisten überrascht von den Geladenen waren 
der Pflegevater der Agnes und der junge Mann, den sie heiraten sollte. Doch 
bald beruhigten sich die Gäste, sie ließen sich die Speisen und den Wein gut 
schmecken und tanzten munter.
	        
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