Full text: Deutsche Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Ende des Großen Krieges (H. 2)

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kaum von der Stelle; denn jeder Teil hoffte unterdes noch auf Erfolge im 
Kriege. Endlich aber, als der Not kein Ende abzusehen war, gab der Kaiser 
nach. Im Oktober von 1648 wurde zu Münster und Osnabrück der 
Friedensvertrag, der Westfälische Friede genannt, unterzeichnet, und rei¬ 
tende Eilboten (Kuriere) trugen die Nachricht in alle Lande hinaus. 
Die Gebietsveränderungen, die der Westfälische Friede bestimmte, 
waren bedeutend. Schweden bekam Vorder- und Mittelpommern bis über 
die Oder nebst Rügen, die Bistümer Bremen iaußer der Stadt und ihrem 
Gebiete) und Verden, die Stadt Wismar und fünf Millionen Taler Kriegs¬ 
kostenentschädigung; der König von Schweden trat in die Zahl der Reichs¬ 
fürsten ein. Frankreich erhielt das Oberelsaß, die Bistümer Metz, Toul und 
Verdun endgültig und die Schutzherrschaft über eine Anzahl elsässischer Reichs¬ 
städte. Die Schweiz und die Niederlande wurden ausdrücklich als un¬ 
abhängig vom Reiche anerkannt. Dadurch gingen diesem etwa 2000 Quadrat¬ 
meilen mit fast fünf Millionen Einwohnern verloren. Bayern behielt die 
Oberpfalz; die Unterpfalz kam an des verstorbenen Friedrich Sohn zurück, 
der wieder Kurfürst wurde. Brandenburg erhielt Hinterpommern, die 
Bistümer Kammin, Halberstadt und Minden und die Anwartschaft auf das 
Erzbistum Magdeburg. Alle vertriebenen protestantischen Fürsten wurden 
wieder eingesetzt. 
Die Bestimmungen in Religionsangelegenheiten waren den Pro¬ 
testanten günstig. Der Augsburger Religionsfriede wurde bestätigt; dazu 
wurden jetzt auch die Reformierten den Lutheranern und Katholiken rechtlich 
völlig gleichgestellt; alle anderen Religionsgemeinschaften sollten nicht geduldet 
werden. Das Restitutionsedikt wurde aufgehoben. Der Glaubenswechsel 
eines Fürsten sollte fortan auf die Untertanen ohne Einfluß bleiben. Die 
andersgläubigen Untertanen sollten in bürgerlichen Rechten wie in ihren Ge¬ 
schäften keinen Nachteil leiden und geschont werden. 
2. Die Wirkungen des Großen Krieges. 
Der Große Krieg hatte einen Stand besonders genährt und großge¬ 
zogen, die Soldaten. Nicht mehr waren es bloß Landeskinder, die in den 
Heeren dienten wie zur Zeit der Landsknechte; sie waren von überallher 
zusammengelaufen. Wenn die Werbetrommel umging, dann strömte am Orte 
herbei, was an arbeitslosen Handwerksgesellen, arbeitsscheuen Bummlern, ver¬ 
armten Bauern und heruntergekommenen Adligen zur Hand war, ob deutsch 
oder ausländisch. 
Sobald der Söldner angeworben war, erhielt er eine einmalige 
Summe, das Handgeld, und dann einen monatlichen Sold angesetzt. Das 
erforderte hohe Summen; man berechnete, daß ein Heer von 10000 Mann 
den Monat mehr als 300000 Mark kostete. Diese Geldmengen auf eine 
längere Zeit selbst aufzubringen war ganz unmöglich für Feldherrn und 
Fürsten; deshalb wurden von diesen dem besetzten und unterworfenen Lande 
die schwersten Beiträge (Kontributionen) und Brandschatzungen auferlegt, nur 
um die Soldaten bezahlen zu können. Das Fordern oder Rauben der Lebens¬ 
mittel ging nebenher. Auch viele Offiziere stahlen und raubten für sich.
	        
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