Die Diadochenkämpfe. 291
Wunden dienstunfähigen Makedonen auf das reichste belohnt nach der Heimat
zu senden, erklärte das Heer, es wolle ganz entlaßen sein: er möge mit seinen
Persern und seinem Vater Ammon künftig in's Feld ziehn. Die Verhaftung der
Rädelsführer und des Königs zürnende, die Undankbarkeit kräftig vorrückende
Worte erschütterten die Aufrührer, und als dann Alexandros sich zurückzog und
mit den Persern allein zu handeln begann, gaben sie demütig Neue zu erkennen
und erbaten und empfiengen Verzeihung, von dem gerührten König die Er-
klärung, daß sie alle seine Verwandten seien. Die sich als Invaliden meldeten,
traten nnter Krateros den Rückweg nach Makedonien an'). Alexandros begab
sich nach Ekbatana, wo Unordnungen und Veruntreuungen (des Schatzmeisters
Harpalos Flucht, s. 8 103, 4) vorgekommen waren. Hier traf ihn der harte
Schlag, daß sein geliebtester Freund, sein zweites Ich, Hephästion, starb.
Mit dem Beginn des Winters machte er noch einen Feldzug gegen die räuberischen
Kossäer (§28, 3B) und befahl die Ausrüstung einer Flotte, um über die
Vermutung wegen des kaspischen Sees (oben 9) Gewisheit sich zu verschaffen.
12. Obgleich ihn Chaldäer durch Weissagungen warnten, begab sich
Alexandros nach Babylon, wo er eine Flotte ausrüstete, um Arabien zu um-
schissen-). Schon war alles zur Abfahrt vorbereitet, da verfiel er in Krankheit.
Es ist unverständig, feinen frühen Tod der Schwelgerei zuzuschreiben, das
Wolleben hat wol nur dazu beigetragen, den durch die ungeheuersten körper-
lichen und geistigen Anstrengungen erzeugten Todeskeim zu zeitigen. Am 11.
oder 13. Juni 3233) verblich im nicht lange angetretnen 33. Lebensjahr
Alexandros der Große.
Die Zeit der DiadochenlÄmpse 323—383.
§ 103.
1. Innre Verschmelzung Jahrhunderte lang getrennter und verschieden
gearteter Völker kann nicht das Werk weniger Jahre sein, geschweige denn die
so zahlreicher und manigsaltiger Stämme, wie durch das Recht der Erobruug
Alexandros der Große unter seinem Seepter vereinigt hatte. Wäre das Reich
in einer Hand vereint geblieben, ein das bestehende und berechtigte nicht achten-
der, alles centralisierender Despotismus hätte nicht ausbleiben können. Nur
die Gründung selbständiger Reiche vermochte die Ausrottung der Volkstümlich-
keiten zu verhüten und die Auf- und Annahme der griechischen Bildung zu ver-
Mitteln. Die an sich so furchtbaren Kriege, welche über Alexandros Erbe aus-
brachen, haben den nach Gottes Absichten notwendigen Entwicklnngsproeeß
beschleunigt. Die Ursachen zu ihrem Ausbruch waren aber gegeben: 1) in
dem Mangel eines fähigen Erben Alexandros des Gr.; 2) in dem anf dem
Gefühl der Kraft beruhenden Streben der makedonischen Heerführer nach Macht
und Herschaft, das aber von der neidischsten gegenseitigen Eifersucht begleitet
war; 3) in der Unterstützung, welche sie dabei in den vom Perserjoch befreiten,
nun aber nach Selbständigkeit begehrenden Völkern fanden; 4) zu dieser mnsten
sie sich nm so mehr wenden, als die Makedonen weder zahlreich genug waren, noch
im Orient ihre Volkskraft genug warten, um auf sie allein die Herschaft zu stützen.
1) Arr. VII 8—12. Für eine Hofgeschichte erklärt dieser (12, 5 f.) die Nachricht,
daß Krateros bestimmt gewesen sei, Antipatros, der sich zu selbstständig benommen
und mit Olympiaö immer Händel gehabt, zu ersetzen. — 2) Arr. VII 19, 6. Die
Pläne, welche man ihm zuschreibt, nun auch den ganzen Westen, kurz den ganzen
Erdkreis zn unterwerfen (Arr. tV 15, G. Plnt. AI. 68), siud wenigstens nicht als
im Ernst von ihm bereits entworfen erwiesen. — 3J Plut. AI. 3 u. 75.
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