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Die ganze Klasse saß blöde und faul,
und jeder hielt verblüfft das Maul.
Ein kleiner Knirps trat endlich vor
io und hielt den Finger keck empor.
„Du, Karlchen ? Brav! So sag es dreist,
warum er der Leutselige heißt!“
„Weil schon die Leute,“ sprach das Kind,
„wenn sie ihn sehen, selig sind.“
Gerhard von Amyhntor.
404. Kaisers Geburtstag.
1.. Hurra, heut ist ein froher Tag,
des Kaisers Wiegenfest!
Wir freuen uns und wünschen ihm
von Gott das Allerbest'.
2. Wir singen froh und rufen laut:
Der Kaiser lebe hoch!
Der liebe Gott erhalte ihn
recht viele Jahre noch!
Z. Er ist so gut, er ist so mild,
wir weih'n ihm Herz und Hand.
Gott segne ihn: Der Kaiser hoch!
Und hoch das Vaterland!
Ernst Lausch.
405. Prinz Wilhelm als Freund der Kinder.
Als Kaiser Wilhelm II. noch als Prinz in Potsdam lebte, schritt
er an einem Abende kurz vor Weihnachten ohne Begleitung durch die
Straßen. Da sah er vor dem Schaufenster eines Spielwarengeschäftes
zwei kleine Knaben stehn, die mit sehnsüchtigen Blicken die dort aus—
gelegten Herrlichkeiten betrachteten. Er trat hinzu und belauschte eine
Weile ihr kindliches Geplauder. Dann fragte er sie mit freundlicher
Miene, was ihnen denn von all den schönen Dingen am besten gefiele.
Der älteste der beiden Brüder, die den Prinzen nicht kannten, ant—
wortete rasch: „Dort das Schiff, Herr Leutnant, es ist gar zu schön!“
— Nun denn, Jungen,“ erwiderte der Prinz, „so wißt ihr ja, was
ihr euch zu Weihnachten wünschen könnt.“ — „Das geht nicht,“ sagte
der Knabe darauf und schaute dem Prinzen mit seinen blauen Augen
dreist ins Gesicht; „unser Vater hat nicht so viel Geld, daß er uns
etwas so Schönes kaufen kann.“ — „Na, dann will ich euer Weih—
nachtsmann sein!“ Nach diesen Worten trat der Prinz in den Laden,
kaufte das Schiff und überreichte es den Knaben, die vor freudigem