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Das Gottesgericht in Rußland.
Im Frühling des Jahres 1812 zog Napoleon mit einer
ungeheuren Heeresmacht, wie sie Europa noch nicht gesehen hatte,
gegen Rußlands Grenze, um auch den einzigen Gegner, der ihm
auf dem Festlande noch gewachsen en zu demütigen. Der
Zug glich einer Völkerwanderun;; denn fast alle europäischen
Völker hatten dem Gewaltigen Hilfstruppen stellen müssen. Am
25. Juni überschritt das Heer den Niemen, und die Haupt—
macht rückte geradeswegs auf Moskau los. Die Russen zogen
sich kämpfend in das Innere des Reiches zurück, die Franzosen
folgten durch verwüstete, öde Gegenden, und nach den blutigen
Schlachten bei smolensk und an der Moskwa lag der Weg zu
der alten Hauptstadt frei vor ihnen. Am 14. September erblickten
sie von der Höhe eines Berges die ehrwürdige Stadt. Aus der
uingeheuren Häusermasse ragten die Türme von 300 Kirchen mit
ihren zum Teil vergoldeten Kuppeln hervor, während aus der
Mitte der Stadt majestätisch der Kreml, die Burg der Zaren,
emporstieg. „Da ist denn endlich die berühmte Stadt!“ rief
Napoleon voll Entzücken, und der Freudenruf ,Moskau! Moskau!“
durchlief die Reihen. Am 15. September langte das Heer vor
den Thoren an; sie standen offen. Erstaunt harrte Napoleon
mit seinen Marschällen, ob nicht die Behörde zu einem feierlichen
Empfange, ob nicht eine schaulustige Volksmenge herauskommen
werde; niemand erschien. Eine unheimliche Grabesstille lag über
der Stadt.
Der Sieger zog ein; die Straßen waren öde, alle Thüren
verrammt, alle Fensler und Läden dicht geschlossen, alle Gewölbe
und Buden gesperrt und verriegelt. Die Stadt war von der
Bevölkerung fast ganz verlassen, denn die Russen hatten den
ungeheuren Plan gefaßt, um Napoleon zu verderben, die ganze
Zareustadt mit all ihren Reichtümern und Kostbarkeiten aufzu—
opfern. Eine große Anzahl Verbrecher war aus den Gefängnissen
entlassen und beauftragt worden, durch Brandfackeln, Pechkränze
und Granaten die Stadt den Flammen zu überliefern, und der
rr Auftrag wurde getreulichst vollzogen. Schon in der
olgenden Nacht sliegen an mehreren Stellen der Stadt lichte
Flammen auf. Anfaͤngs achteten die Franzosen dieses Brandes
wenig; manche schürten noch die Glut in Mutwillen.
Am 18. September aber erhob sich ein wütender Sturm, und
an hundert Stellen schlug die Flamme prasselnd himmelan, so
daß innerhalb weniger Stunden ganz Moskau einem unabsehbaren,
wogenden Feuermeere glich. na war das Getöse und
Gedränge der Menschen und Tiere, das Wutgeschrei der Sieger,