Deutschland. ?Z
Geschichte. Diese unsere Natron war, wieIhrdaS
leicht denken könnet, in alten Zeiten nicht das feine, gelehrte,
gebildete und geschickte, aber auch nicht das verwöhnte, ver»
zärtelte und ausgeartete Volk, als es jetzt ist. Vor 2200 Iah»
ren> also zu und vor Christi Zeitenwar der Deutsche ein sieben
bis achrhalb Fußhoher, breitschulterigterMann, von eiser»
nem Körper. Sein Arm hatte furchtbare Stärke; sein
Much war Löwen» Grimm; sein Stolz edler Trotz gegen
Tyrannen; und alle Nachbaren, besonders die Römer, die
gleichwohl die halbe Welt bezwungen hatten, fürchteten sich
vor dem ungeheuren Schlachtschwerd, das der riesenmäßige
Deutsche führte. Man gab uns daher damals den Na¬
men Germänner, welches Rriegoleute bedeutet; und
wenn man lateinisch mit uns spricht, nennt man uns noch
so. Dabey hatten unsere Vorfahren ein rechtschaffenes,
treues, ehrliches Herz, einen freyen, geraden, schönen
Wuchs, eine offene Stirn und ein großes, blitzendes, blaues
Auge, das einem jeden dreist ins Gesichtsehen konnte, in
welches dagegen nicht so leicht ein feiger Römer, ohne zu zit»
tern, zu sehen vermogte. Ein deutscher Knabe von Eurem
Alter lief mit dem Reh in die Wette, kletterte hohe Tannen
hinauf, um die wilden Katzen zu verfolgen, traf einen Bär
auf 100 Schritt so geschickt, daß die Bestie das Brummen
vergaß, und schwamm im kältesten Herbst nackend den brei»
ten Rhein hinüber und wieder herüber, ohne zu klappern;
und ein deutsches Mädchen konnte, über und über vonSchweiß
triefend, sich im Eiswasser baden. Nicht wahr, Kinder, das
mögtet Ihr jezt nicht nachmachen? Das kömmt daher,
es gab damals noch keinen Caffee undThee, die unser gesun¬
des Blut verderben, und unsere Nerven schwächen, noch
keine Windeln und Wiegen, die uns gleich in der Kindheit
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