Full text: Der dreißigjährige Krieg

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zubreiten und die protestantische Kirche auszurotten, hielt er für ein 
Werk, in Gott gethan. Schon als Herzog von Steiermark suchte er sein 
Land von den Protestanten zu säubern. Wer nicht auswandern oder der 
neuen Lehre entsagen wollte, endete sein Leben in den Flammen oder an 
dem Galgen. Derartige Maßregeln des künftigen Herrn der österreichi¬ 
schen Staaten erweckten bei den Katholiken hohe Freude, bei den Evan¬ 
gelischen aber die bangsten Besorgnisse. „Der Majestatsbrief," sollen 
Jene gesagt haben, „hat keine Gültigkeit, denn er ist dem Könige Ru¬ 
dolph abgezwungen. Wenn Ferdinand König ist, wird es heißen: Ein 
neuer König, ein neues Gebot;" ferner, „dann werden wohl einige Köpfe 
herunter müssen; die Güter werden in andere Hände kommen und man¬ 
cher arme Gesell wird sich wohl dabei befinden." Ferdinands Maßregeln 
und dergleichen Redensarten reizten die Gemüther so sehr, daß es nur 
noch eines kleinen Umstandes bedurfte, die Erbitterung zum furchtbaren 
Ausbruche zu bringen. Die Stunde schlug. Ein Kampf begann, der 
Deutschlands Einwohner mordete und seine gesegneten Fluren in eine 
Einöde verwandelte. 
n. Der böhmische Krieg. 
Der Majestatsbrief, welcher den Frieden befestigen sollte, brachte 
Unheil und Verderben. Es war nämlich in demselben, wie schon oben 
erwähnt, den Protestanten gestattet, Kirchen zu bauen, aber nicht aus¬ 
drücklich hervorgehoben worden, daß sich diese Freiheit auf alle ohne Aus¬ 
nahme erstrecke. Sehr bald wendeten nun die Katholiken die Sache so, 
daß sie meinten, dieses Recht beziehe sich nur auf die protestantischen 
Stande*), nicht aber auf deren Unterthanen, oder auf die Unterthanen 
der katholischen Stande. Natürlich wollten die Protestanten von einer 
solchen Einschränkung Nichts wissen. Sie behaupteten, im vollen Rechte 
zu sein, als sich die protestantischen Unterthanen des Prager Erzbischofs 
im Städtchen Klo stergrab und die Unterthanen des Abtes von Brau¬ 
nau zu Braunau eine Kirche errichteten (1617). Der Erzbischof und 
der Abt beschwerten sich zwar beim Kaiser, dieser mißbilligte auch den 
Schritt der Protestanten, aber Letztere bauten ruhig fort. Der Kaiser 
befahl hierauf, beide Kirchen niederzureißen. Wirklich geschah auch dies 
mit der Kirche zu Klostergrab, wahrend die in Braunau verschlossen 
wurde. 
Einen Schrei des Entsetzens stießen jetzt alle böhmischen Protestan¬ 
ten aus. Der M a j e sta ts b r i e f i st verletzt! hallte es überall wie¬ 
der. Aller Blicke richteten sich abermals auf Matthias von Thurn. 
Eiligst rief er Abgeordnete der protestantischen Stande zu einer Versamm- 
*) Stande waren Besitzer größerer Herrschaften, welchen über die Bcwoh- 
ner ihrer Ländereien gewisse Negiernngorechte znstandcn.
	        
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